Mit dem Reisemobil nach Coober Pedy 31.05. – 02.06.2017
Nun müssen wir längere Distanzen zurücklegen. Von Port Augusta bis Coober Pedy sind es 540 km. Der Ortsname leitet sich aus der Aboriginal-Sprache ab: „Kupa Piti“ heißt „weißer Mann im Loch“. Der kleine Bergbauort mit seinen 3.500 Einwohnern ist damit richtig beschrieben. Seit 1915 strömen Opalsucher nach Coober Pedy. 96 % aller Opale in der Welt kommen aus Australien und 85 % aus Coober Pedy und den benachbarten Feldern in Andamooka und Mintabie. Längere Zeit leben möchten wir hier nicht aber der Ort hat schon eine besondere Ausstrahlung, die einen zugleich abstößt und anzieht. Vielleicht könnte man ihm einen rauen Charme bescheinigen oder auch etwas chaotisches und abenteuerliches. In jedem Fall ist er anders als alles zuvor in Australien Gesehene. Die kahle Gegend ist extrem trocken und staubig. Überall sehen wir Krater und Halden aus Abraummaterial. Im australischen Sommer ist es hier extrem heiß und es gibt Millionen von Fliegen, die sich vor allem auf dem Gesicht und in den Augenhöhlen niederlassen. Augenblicklich ist Winter und damit Hochsaison. Das trockene Wüstenklima hält jetzt gut 20 Grad Celsius am Tage und knapp über 0 Grad in der Nacht für uns bereit. Die Einwohner haben überirdisch nur die Vorbauten und Eingänge ihrer Häuser errichtet. Die Wohnräume sind auch heute noch in den Berg eingearbeitet und bieten dort ein angenehmes und ausgeglichenes Raumklima. Zugleich kann man beim Aushöhlen des Berges noch einige Opale finden, die dann zur Finanzierung der Baumaßnahme beitragen. Auch ganze Hotels sind hier unterirdisch angelegt. Gelegentlich werden im Ort Science Fiction Filme gedreht, etwa aus dem Genre: „Leben nach dem Abwurf der Bombe“.
Wir erkunden den Ort und besichtigen die unterirdische Kirche „St. Peter und St. Paul“ sowie die beeindruckende „Old Timers Mine“, die die früheren Lebens- und Wohnbedingungen im Bergbau zeigt. Die heutigen unterirdischen Wohnungen in Coober Pedy sind natürlich moderner ausgestattet. Am späten Nachmittag grillen wir uns ein Stück Känguru-Fleisch zum Dinner und abends besuchen wir die in den Berg eingelassene Hotelbar im Desert Cave Hotel, wo sich schon einige raue Typen zum Biertrinken niedergelassen haben. Zur üblichen Kleidung an der Bar gehören Arbeitsschuhe und orangene Warnwesten.
Am nächsten Tag ziehen wir durch die Juwelier-Geschäfte des Ortes, in denen die hier gefundenen Opale verkauft werden. Wir wollen 2 bis 3 erschwingliche Opale für uns und als Geschenke später mit nach Hause nehmen und bevorzugen dabei monolithische Steine. Alternativ werden uns Dubletten und Tripletten angeboten, die aus zwei oder drei Schichten so laminiert sind, dass sie deutlich stärker funkeln. Unsere Suche ist letztlich erfolgreich und wir freuen uns, in Coober Pedy vernünftige Preise nach Verhandlung erzielen zu können. Wir hatten in Sydney und Melbourne entsprechende Stücke teurer angeboten bekommen.
Zum Abschluss besuchen wir einen kleinen Privatzoo, in dem verletzte oder verwaiste Kängurus gepflegt und Andenken verkauft werden. Wir nehmen an der Fütterung der Tiere teil und kaufen eine von den Aborigines aus Holz gefertigte Eidechse. Coober Pedy empfinden wir als außergewöhnlich und erlebnisreich. Nach 3 Tagen reisen wir weiter auf dem Stuart Highway nordwärts, denn wir ahnen, dass viele Reiseerlebnisse noch vor uns liegen.
Mit dem Reisemobil nach Clare Valley, Flinders Ranges, Port Augusta 22.05. – 30.05.2017
Am 22.05. verlassen wir Adelaide und fahren nach Norden ins Weinbaugebiet Clare Valley. Die Region wurde 1842 besiedelt. Ab 1851 bauen die Einwohner trockne Rot- und Weißweine an. Die sanften Hügel sind hier großflächig mit Weinstöcken bedeckt. Zunächst fahren wir in das Dorf Mintaro und besuchen ein romantisches Weinlokal in einem der Cottages. Zum Riesling werden örtlich geerntete, große Oliven an schmackhaft gewürztem Olivenöl und frisches Baguette-Brot gereicht, alternativ eine feine Creme-Suppe. Wir genießen den Wein und die kleinen Spezialitäten in angenehmer Umgebung. Am späten Nachmittag fahren wir noch wenige Kilometer weiter zur ländlichen Kleinstadt Clare. Hier finden wir für die Nacht einen Stellplatz und erkunden den Ort. Am nächsten Vormittag machen wir eine kleine private Weinprobe in der Tim Adams Kellerei und entscheiden uns schließlich zum Kauf einiger Flaschen Merlot, dem dortigen Spitzenprodukt, das uns letztlich am besten schmeckt.
Dann machen wir uns auf den Weg zu den Flinders Ranges. Dieser etwa 400 km lange Gebirgszug beginnt bei Port Augusta am Spencer Gulf und erstreckt sich bis weit in den Norden, wo er in der südaustralischen Wüste ausläuft. Die höchsten Berge erreichen eine Höhe von 1.000 m. Die trockne Berglandschaft sowie die feuchten Schluchten und Talsenken mit ihrer dichten Vegetation sind heute überwiegend in Nationalparks einbezogen. Die wilde Schönheit und die ständig wechselnden Landschaftsbilder bieten unerschöpfliche Möglichkeiten für Wanderungen. Kernstück der Flinders Ranges ist der ovale Bergkessel bei Wilpena Pound mit 16 km Länge und 10 km Breite. Seine Außenkante bilden um 500 m steil aufragende Berghänge mit rot leuchtenden Felsen. An den Wasserstellen in den Tälern siedelten lange ungestört verschiedene Aboriginal-Völker. Ab 1858 trafen landhungrige Schafzüchter ein. Sie veranlassten den Bau einer Eisenbahnlinie von der Küste bis in die Flinders Ranges und gründeten den Hafenort Port Augusta, um die erzeugte Wolle zu verschiffen.
In erster Etappe fahren wir bis zum späten Nachmittag nach Hawker, etwa 40 km vor Wilpena Pound, um dort zu übernachten. Es ist sonnig aber die Luft ist deutlich trockener und kühler als am Abfahrtsort. Wir befinden uns bereits im Hochland. Tags darauf fahren wir weiter, halten aber zunächst am Beginn des Wanderweges zum Akaroo Rock. Auf der Wanderung sehen wir erstmalig die roten Felsen der Flinders Ranges aus der Nähe und nehmen die Weite der Landschaft in uns auf. Wir erkunden Felszeichnungen der Aborigines in Felshöhlen. Am Nachmittag treffen wir auf dem Campground im Nationalpark Wilpena Pound ein, wo man uns einen Stellplatz im Wald zuweist. Wir lernen dort Roland und Kay kennen. Roland ist gebürtiger Deutscher aber schon seit langer Zeit Australier. Er ist Fan einer unvergänglichen deutschen Musik-Band, der Amigos. Wir unterhalten uns am Lagerfeuer über vergangene und heutige Zeiten und trinken Rotwein.
Am nächsten Morgen wandern wir 3 Stunden zum Wangarra Lookout. Nach anstrengendem Aufstieg zum Lookout genießen wir den Ausblick in die Wilpena Pound. Der Rückweg führt uns durch Wald und feuchte Täler. Dort beobachten wir Emus und Waldkängurus bevor wir abends an unser Lagerfeuer zurückkehren. Die Hux und Stocks Lookouts mit ihren beeindruckenden Ausblicken besuchen wir am nächsten Vormittag und verlassen dann Wilpena Pound in Richtung der Kleinstadt Quorn. Sie liegt an der nach Port Augusta führenden Eisenbahnlinie. Wir erkunden den ruhigen Ort und sehen eine Reihe alter Häuser, die um 1878 kurz nach der Stadtgründung errichtet wurden. Im dort eingerichteten Straßencafé genießen wir die Atmosphäre des Ortes. Wir bleiben über Nacht und fahren dann ein letztes Mal zurück zur australischen Südküste. Von den Flinders Ranges direkt nach Norden führen nur noch unbefestigte Straßen, für die ein allradgetriebenes Fahrzeug erforderlich wäre. So machen wir noch einen Abstecher nach Cowell, einem kleinen Fischerort am Spencer Gulf und erreichen dann Port Augusta.
In Port Augusta beginnt der Stuart Highway, der nordwärts quer durch den Kontinent bis nach Darwin führt. Während Port Augusta klimatisch in den gemäßigten Breiten liegt, befindet sich Darwin bereits in den Tropen. Dazwischen, in der roten Mitte Australiens liegt die Halbwüste des Outbacks. Wir sind freudig erregt im Hinblick auf die bevorstehenden Erlebnisse. Das Outback und die Kimberleys sind die wahrhaft authentischen Landschaften Australiens sagen uns australische Bekannte. Wir besuchen noch das beeindruckende multimediale Museum „Wadlata“ über die geologische Geschichte der Flinders Ranges und die Dreamtime, die Mythen der Aborigines; außerdem den botanischen Garten, in dem die typischen Landschaftsformen Australiens großflächig nachgebildet sind. Dann bunkern wir Lebensmittel und Getränke für 250 Australische Dollar, um für das Outback gerüstet zu sein.
Mit dem Reisemobil von Port Fairy bis Adelaide 15.05. – 21.05.2017
Langsam lassen wir nun die südlichsten und damit kühlsten Gebiete Australiens hinter uns. Unser Weg führt jetzt entlang der Küste nach Nordwesten. Am 15.05. erreichen wir Port Fairy. Wir erkunden das gemütliche Fischerdorf mit seinem malerischen Hafenbereich an der Mündung des Moyne River. Auf der vorgelagerten Insel „Griffith Island“ hält sich zeitweise eine große Kolonie Sturmtaucher (Muttonbirds) zum Brüten auf. Die bis zu 80.000 Vögel hätten wir gern gesehen, doch haben sie die Insel kurz vor unserer Ankunft verlassen, um ihren angestammten Zugrouten in die Weiten des Pazifiks zu folgen. Erst in einem Jahr werden sie wieder zum Brüten hierher zurückkehren.
Am nächsten Morgen geht es weiter nach Portland. Unser Stellplatz erlaubt den direkten Ausblick auf den Tiefwasserhafen, der wesentlich größer und industrieller geprägt ist als der von Port Fairy. Das Café im Informationszentrum am Hafen gewährt ebenfalls eine gute Aussicht, so dass wir auf unseren professionell zubereiteten Milchkaffee nicht verzichten müssen. Portland ist eine kleinere Stadt mit circa 10.000 Einwohnern, von der aus wir einige Ausflüge in die Umgebung unternehmen. Bemerkenswert ist eine Tour zum Cape Bridgewater, wo wir zum versteinerten Wald (Petrified Forest) wandern. In die Stämme eines vor langer Zeit untergegangenen Waldes sickerte Meeressediment ein, das später zu Sandstein komprimiert wurde. So überdauerten die Formen der ehemaligen Stämme die Jahrtausende. Eine andere Wanderung führt uns entlang des landschaftlich reizvollen Seacliff Nature Walk. Hier beobachten wir Fellrobben, die in einigem Abstand vor dem Ufer auf Beutefang gehen.
In den nächsten Tagen setzen wir unsere Fahrt auf dem Princess Highway fort und besuchen die Orte Robe und Meningie mit kurzem Zwischenstop in Salt Creek. Dort wandern wir in den Coorong Nationalpark mit seinem Schilf und den seichten Gewässern. Die salzhaltige Coorong-Lagune ist ein idealer Lebensraum für Riesenpelikane, Ibisse, Schwäne und viele andere Wasservögel. Robe ist ein ehemaliges Fischerdorf, einst gegründet von Walfängern und Seehundjägern, das sich heute zu einem beliebten Urlaubsort mit modernen Ferienhäusern und kleinem Yachthafen weiterentwickelt hat. Der Urlaubsort Meningie liegt am Lake Albert und dient als Ausgangspunkt für Touren in den Coorong Nationalpark. Es wird inzwischen etwas wärmer. Wir grillen Fleisch und verzehren es am Tisch im Freien.
Am 19.05. erreichen wir Adelaide, die Hauptstadt des Bundesstaates South Australia. Hier fühlen wir uns auf Anhieb wohl. In der Innenstadt finden wir nette Cafés und Restaurants oft mit jüngerem Publikum. In der Stadt haben sich Hochschulen und Universitäten angesiedelt. Diverse Museen sind bei freiem Eintritt verfügbar. Günstig ist auch der Weg vom Campground zum Stadtzentrum, den wir zu Fuß im Laufe von 25 Minuten zurücklegen. Zudem führt dieser Weg angenehm durch den öffentlichen botanischen Garten. Das Wetter ist sonnig und mild. Uns gefällt die entspannte Atmosphäre der Stadt.
In den Museen interessiert uns stets die Kunst und Kultur der Aborigines. Bei einer kostenfreien Führung können wir Fragen stellen und erfahren, dass es nicht die Aborigines als einheitliche Gruppe gibt. Es gibt mindestens 300 verschiedene Volksgruppen mit unterschiedlichen Sprachen. Teilweise können sich Aborigines aus verschiedenen Regionen nicht einmal untereinander sprachlich verständigen. Die Stämme wählen keinen Häuptling oder gar einen König, der mehrere Stämme vertreten könnte. Ihre Kultur ist so alt, dass sie sich urdemokratisch organisieren. Geht die Gruppe auf Känguru-Jagd wählen sie für diese Aktion einen dafür begabten Anführer, der seine Führerschaft nach Abschluss der Jagd zurück gibt. Für darauf folgende andere Aktivitäten werden – soweit erforderlich – neue Anführer auf Zeit bestimmt. Die Aborigines entnehmen der Natur nur das, was sie selbst zum Leben benötigen. Sie wirtschaften nachhaltig. Die Kommunikation zwischen der Kultur der Aborigines und der völlig unterschiedlichen europäischen Kultur bleibt bis heute schwierig.
Mit dem Reisemobil von Melbourne bis Warrnambool 12.05. – 14.05.2017
Am 12.05. verlassen wir Melbourne und treffen am frühen Nachmittag im Küstenort Lorne ein. Unser Stellplatz liegt unmittelbar am romantischen Erskine River. Im malerischen Brücken-Café genießen wir einen Capucino und wandern dann entlang des Strandes und durch den Urlaubsort zurück zum Campground. In der Saison dürfte der Ort mit seinen vielen Möglichkeiten sicher stark belegt sein.
Am nächsten Tag unternehmen wir einen Abstecher in das Landesinnere nach Lavers Hill. Zunächst halten wir noch einmal an der Küste, in Apollo Bay, wo wir einen Spaziergang am Hafen zugleich mit schönem Blick auf die umgebende Landschaft machen. Danach geht es weiter zum Rastplatz Maits Rest, wo wir durch den Regenwald wandern. Mächtige Baumfarne säumen den Wanderweg und schließlich sehen wir die bis zu 100 m hohen und 300 Jahre alten Baumriesen. Sie sind mit den Eukalyptus Bäumen verwandt. Der Wanderweg führt uns durch einen dichten, feuchten Dschungel. Wir sind sehr beeindruckt. Weiter geht es Richtung Lavers Hill, in dessen Nähe wir den „Otway Fly Tree Top Walk“ besuchen. In etwa 25 m Höhe sind hier Metallstege angelegt, die uns einen Spaziergang in den Baumkronen und eine ganz andere Perspektive auf den Regenwald ermöglichen. Eine Vielzahl von Schmarotzer-Pflanzen besiedelt die hochgelegenen Äste der Bäume. Unten sehen wir die großen Baumfarne aus der Vogelperspektive. Diverse Vogelarten sind zu beweglich und lassen sich nicht fotografieren. Zudem geraten die Stege durch unsere Schritte leicht in Schwingung, was das Fotografieren erschwert. Nachdem es zu regnen beginnt, suchen wir uns am späten Nachmittag einen Stellplatz an einem „Road House“ bei Lavers Hill. Der Platz bietet uns Stromanschluss, ansonsten ist er eher ungepflegt aber auch preiswert. Zum Dinner gehen wir ins „Road House“, wo sich die örtliche Landbevölkerung bereits zum Biertrinken eingefunden hat. Es kommt Stimmung auf. Am derben, hohen Schuhwerk haftet Ihnen noch der Schlamm von Feldern und Schafsweiden. Der üppige Lammbraten nach örtlichem Rezept schmeckt köstlich. Auf dem Rückweg zum Reisemobil regnet es stark und es ist unangenehm kühl. Wir sind froh, dass wir dank des Stromanschlusses etwas heizen können. Der zurückliegende Tag war wieder ausgesprochen erlebnisreich.
Tags darauf fahren wir zu einer der eindrucksvollsten Küstenstraßen der Welt, der „Great Ocean Road“. Immer wieder halten wir an Rastplätzen entlang der Straße, die gute Ausblicke auf die Steilküste ermöglichen. Der ständige Seegang höhlt den Sandstein aus. Teilweise bleiben dabei pittoreske Felsnadeln oder Felsabschnitte zurück, denen man einprägsame Namen wie Twelve Apostles, London Bridge oder The Grotto gegeben hat. Die Loch Ard Gorge erhielt ihren Namen vom Schoner Loch Ard, der englische Einwanderer nach Australien bringen sollte und hier 1878 in einem Sturm zwischen den Felsen Schutz suchen wollte. Das Schiff lief auf Grund und von 51 Menschen an Bord überlebten nur 2 in der starken Brandung. Am Abend erreichen wir den Ort Warrnambool, wo wir einen Stellplatz für die Nacht finden.
Mit dem Reisemobil von Sydney bis Melbourne 02.05. – 11.05.2017
Am 02.05. verlassen wir unser Hotel im Zentrum Sydneys und machen uns auf den Weg zum Stadtrand. Eine gute Woche vorher haben wir uns über motorhomerepublic.com ein Reisemobil für Langfahrt, zunächst von Sydney nach Alice Springs vermitteln lassen. Die Firma Britz will einen wohnlich ausgebauten Mercedes Sprinter liefern, den wir nun am Stadtrand Sydneys übernehmen wollen. Die Übergabe erfolgt in deutscher Sprache durch eine junge Deutsche, die den Firmenstützpunkt in Sydney leitet. Das Fahrzeug steht vollgetankt, sauber und in gutem technischen Zustand bereit. Britz ist nicht der billigste Vermieter in Australien aber später, am Ende unserer bevorstehenden Reise über 10.000 km durch Australien werden wir feststellen, dass das gemietete Reisemobil stets einwandfrei gelaufen ist. Sicher wird einem jeder Vermieter im Falle von Störungen helfen aber man verliert dann oft wertvolle Reisezeit und muss seine Pläne ändern. Erste Erfahrungen mit einem kleineren Reisemobil haben wir bereits Anfang 2016 in Neuseeland gesammelt. Auch das war eine schöne und erlebnisreiche Reise aber nun wollen wir uns doch ein Fahrzeug mit durchgehender Stehhöhe und WC gönnen. Ein großes Bett müssen wir tagsüber nicht abbauen. Im vorderen Wagenteil, hinter den drehbaren Fahrersitzen befindet sich ein kleiner Esstisch. Der 6,36 m lange Sprinter fährt sich vollkommen unproblematisch, fast wie ein PKW. Die australische Verkehrslage außerhalb großer Städte ist übersichtlich, der Linksverkehr für uns unproblematisch. Die australischen Jahreszeiten sind den deutschen genau entgegengesetzt. Wir haben jetzt Herbst. Zudem entspricht unsere geplante Fahrtroute nach Süden bezogen auf europäische Verhältnisse einer Fahrt nach Norden. Die Temperaturen gehen zurück.
Die australische Ostküste ist der am dichtesten besiedelte Bereich des Landes. Zwischen Sydney und Melbourne ist sie sehr malerisch mit romantischen Ortschaften und beschaulichen Bootshäfen. Dörfer und Kleinstädte sind hier europäisch geprägt. Schnell bestücken wir unser Reisemobil mit Lebensmitteln aus dem Supermarkt und versuchen dann zügig den Einzugsbereich Sydneys zu verlassen. Abends unterbrechen wir unsere Fahrt auf einem Rastplatz bei Nowra, in der Nähe des Highways. Der Platz ist für Reisemobile ausgewiesen, kostenlos aber ohne Versorgung mit Strom und Wasser. In der Nacht wird es kühl. Unsere eingebaute Klimaanlage könnte auch heizen, jedoch nur mit Wechselstrom aus dem Netz. So kuscheln wir uns früh ins warme Bettzeug. Tags darauf erreichen wir über einen unbefestigten Waldweg Pebbles Beach im Murramarang Nationalpark. Wir stehen allein auf einer Waldlichtung. Kein weiteres Reisemobil in Sicht. Wir müssen uns erst einmal an die Einsamkeit gewöhnen. Die an sich gewünschte Abwesenheit anderer Menschen empfinden wir als abenteuerlich. In der Nähe des Strandes und im Wald leben viele Kängurus einer kleineren Art. Sie sind sehr zutraulich und springen erst weg, wenn man sie fast schon anfassen möchte. Wir wandern am Nachmittag durch den Wald und entlang des Strandes und übernachten dann auf unserer Waldlichtung. Die Stille wird hier nur von den Rufen der Waldtiere unterbrochen. In den folgenden Tagen fahren wir weiter zu den malerischen Küstenorten Eden, Lake Entrance und Paynesville. Immer am Vormittag fahren wir, ab dem frühen Nachmittag besichtigen und wandern wir. Wir führen ein Reisetagebuch, um nicht den Überblick über die Ortsnamen und die Flut der Erlebnisse zu verlieren. Von Paynesville aus transportiert uns eine Fähre zur vorgelagerten Insel „Raymond Island“. Hier erwartet uns eine große Kolonie Koalabären, die faul in den Kronen der Eukalyptus-Bäume sitzt. Einer bewegt seine entspannt herabhängende Pfote. Wir sind sicher, dass er uns zuwinkt. Abends wird es dann sehr kühl und es beginnt zu regnen. Von nun an suchen wir überwiegend Campgrounds mit „powered Places“ auf, die uns nachts den Betrieb der wärmenden Klimaanlage ermöglichen.
Am 07.05. fahren wir zum Wilsons Promontary Nationalpark. Wieder erwartet uns kühles und regnerisches Wetter aber die landschaftliche Schönheit und Vielfalt der Tierwelt in diesem Nationalpark faszinieren uns. Im Bereich des „Prom Wildlife Walks“ tragen die Kängurus bunte und reflektierende Halsbänder, um die Tiere davor zu schützen, überfahren zu werden. Daneben sehen wir die scheuen Emus und die niedlichen Wombats. Am „Squeake Beach“ sehen wir einen eindrucksvollen Strand, hohe Brandung und große Granitfelsen. Über eine unangenehm befahrbare Gravel-Road erreichen wir den „Five Mile Road Carpark“ und wandern durch eine imposante Flora mit großen australischen Gräsern. Dann geht es weiter nach Newhaven auf Phillip Island, wo wir gegen 17.00 h eintreffen. Wir wollen hier vor allem die „Pinguin Parade“ sehen und erkundigen uns. Schnellstens sollen wir uns auf die Westseite der Insel begeben. Dort sollen erfahrungsgemäß abends die Pinguine anlanden. Im Grunde ist unser Tagespensum schon erschöpft aber für die Pinguine machen wir uns natürlich gleich auf den Weg. Am Ankunftsort erwartet uns ein Empfangsgebäude, das in Stil und Größe dem eines kleineren Flughafens gleichkommt. Reisebusse laden Touristen in großen Gruppen ab, die nun von allen Seiten in die Halle strömen. Überwiegend handelt es sich um Asiaten. Eine beachtliche Eintrittsgebühr ist zu bezahlen. Am Strand sind an verschiedenen Stellen terrassenförmig angeordnete Sitzreihen aufgebaut. Wir nehmen Platz. Die Dämmerung setzt ein. Es wird kühl und es beginnt wieder zu regnen. Plötzlich erscheinen die Pinguine und versöhnen uns mit allen negativen Begleitumständen. Die Tiere sind aufgerichtet etwa 30 cm groß. Tagsüber haben sie weit vor der Küste gejagt und kehren nun zu ihren Bauten und Bruthöhlen in den Dünen zurück. Um sich vor Raubtieren zu schützen, sammeln sie sich zunächst direkt an der Wasserkante in Gruppen von durchschnittlich 15 – 20 Tieren. Droht ihnen voraussichtlich keine Gefahr rennen und hüpfen die kleinen Pinguine schnellstens über den ungeschützten, breiten Sandstrand, um anschließend in den Dünen zu verschwinden. Falls sie Gefahr erkennen, geht es erst einmal zurück ins sichere Wasser. Viele hundert Tiere finden so im Laufe von 1 ½ Stunden den Weg zu ihren Nistplätzen. Wir sind fasziniert von dem Spektakel und freuen uns an diesen liebenswerten Tieren. Durchgefroren aber glücklich fahren wir zurück zu unserem Campground. Am Vormittag des nächsten Tages erkunden wir Phillip Island. Bei Sonnenschein wandern wir an ausgedehnten Sandstränden und durch eine beeindruckende Dünenlandschaft. Nachmittags fahren wir dann weiter nach Melbourne. Die Millionenstadt hat sich stark in die Fläche ausgedehnt und wächst auch heute noch weiter. Wir laufen einen Campground an, der noch verhältnismäßig nahe am Zentrum liegt, das bedeutet hier ¼ Stunde vorlaufen und dann eine ¾ Stunde mit der Straßenbahn. Jochen muss sich aber erst einmal einen Tag ins Bett legen. Er hat eine starke Erkältung. Dann besichtigen wir die Innenstadt mit ihren Hochhäusern und Einkaufsmöglichkeiten sowie das Kunst- und das Einwanderungsmuseum mit ihren interessanten Ausstellungen. Insgesamt werden wir aber mit Melbourne nicht warm. Die Innenstadt ist uns zu geschäftig und laut. Gemütlicher und sehr multikulturell soll es in den Zentren der verschiedenen umliegenden Stadtbezirke zugehen, die wir jedoch zu Fuß nicht erreichen können. Es ist einfach alles zu ausgedehnt hier. Anders als Sydney erschließt sich uns diese Stadt nicht. Vielleicht muss man hier viel mehr Zeit mitbringen und sich einleben. Nach 3 Tagen fahren wir weiter.
Sydney 26.04. – 02.05.2017
Am Mittag des 25.04 erreichen wir mit dem Flugzeug Sydney und beziehen Quartier in einem Hotel im Stadtzentrum. Verglichen mit Southport ist die Tagestemperatur hier schon bemerkbar geringer. Dennoch ist fast immer gutes und trockenes Wetter und wir brennen darauf, Sydney zu besichtigen. Gebucht ist eine Aufenthaltsdauer von einer Woche. Von Anfang an gefällt uns die Atmosphäre der Stadt. Wir erleben eine gewisse einladende Eleganz der modernen Stadtgestaltung, ausgedehnte Grünflächen, Museen und in das städtische Leben einbezogene Hafenbereiche. Die um 1920 errichtete und für die damalige Zeit riesige Stahlkonstruktion der Harbour Bridge begründete schon früh das moderne Image der Stadt und das einzigartige Opernhaus verleiht ihr das Gesicht einer glänzenden Weltstadt, in der alles möglich erscheint. Viele Touristen sind angereist. Einschließlich der Außenbezirke leben hier etwa 5 Mio. Menschen. Im erweiterten Stadtzentrum können wir angenehm alles zu Fuß erreichen.
Unser erster Anlaufpunkt ist der Darling Harbour, gesäumt von moderner Architektur, Geschäftshochhäusern, Shops, Restaurants und Bars. Der Anblick ist beeindruckend. Besonders interessiert uns der hier liegende Nachbau der Endeavour, mit der Captain Cook seine erste Entdeckungsreise 1768 – 1771 in den Südpazifik unternahm. Wir haben jetzt etwas weniger zu erledigen als noch in Southport und genießen es, in Ruhe einen Milchcafé oder ein Glas Wein zu uns zu nehmen.
In den nächsten Tagen wandern wir durch den Botanischen Garten und den Hyde Park zum Opernhaus. Es wurde vom dänischen Architekten Jörn Utzon entworfen und im Zeitraum von 1959 bis 1973 erbaut. Die Dachflächen sind mit weißen Keramikfliesen bekleidet. Pate stand die Form einer Ansammlung von Muschelschalen. Dies ging an die Grenzen der damaligen technischen Möglichkeiten. Es kam zu Bauverzögerungen, Mehrkosten, recht viel Streit und Zerwürfnissen. Heute wissen wir, dass es weder vorher noch nachher etwas Vergleichbares gab. Das Opernhaus ist das weltweit unverwechselbare Wahrzeichen Sydneys.
In der Arts Gallery of Newsouthwales interessiert uns vor allem die ausgestellte Kunst der Aborigines. Über die Darstellung einer Gruppe von herabhängenden Flying Dogs freuen wir uns und darüber, dass das gut ausgestattete Kunstmuseum – wie so oft in Australien – keinen Eintritt kostet. Den Fischmarkt besuchen wir zweimal. Schmackhafte Austern, Lobster und frischen Fisch gibt es dort zu vernünftigen Preisen. Einen längeren Rundgang unternehmen wir in Sydneys ältestem Stadtteil, „The Rocks“, der seinen Hafenviertelcharakter noch nicht ganz verloren hat. In einem English Pub trinken wir dort ein Bier. Hier landete im Jahre 1788 die „First Fleet“ mit Schiffsladungen von Strafgefangenen aus England. Zu diesem Zeitpunkt siedelten dort Ureinwohner, die Aborigines schon seit etwa 40.000 Jahren. Bereits 15 Monate nach der Invasion der neuen Siedler kam es zu einer Pocken-Epidemie bei der 50 – 90 % der Aborigines ums Leben kamen. Weiße Siedler übernahmen Landstücke, die den Ureinwohnern zuvor als Nahrungsquelle gedient hatten. Blutige Auseinandersetzungen reduzierten die Zahl der Aborigines weiter. Dennoch haben einige von ihnen überlebt. Ihr kulturelles Erbe wird heute von der Stadt geehrt. Die Integration ihrer Nachfahren ist hier jedoch stets ein kontroverses Thema.
Mit einer Fähre setzen wir über nach Manly, einem vorgelagerten Badeort mit Sandstränden, kleineren Häusern und längeren Wanderwegen, die wir sogleich nutzen. Der Besuch zeigt uns, wie abwechslungsreich Sydney ist. Andern Tags erreichen wir nach gut einstündiger Zugfahrt die Blue Mountains. Wir besuchen die Bergspitzen, die „Three Sisters“ genannt werden, erfahren jedoch, dass man das besser nicht am Wochenende tun sollte. Die Touristenströme sind dann immens und trüben den Genuss.
Unser Hotel im Stadtzentrum bietet uns gutes Internet und wir buchen ein Wohnmobil, mit dem wir Australien weiträumig erkunden wollen. Wir sind erfolgreich und machen uns am 02.05. auf den Weg zum Übergabepunkt des Fahrzeugs, der in einem Außenbezirk Sydneys liegt. Unsere weitere Reise wird uns nun ca. 10.000 km durch Australien führen.
Southport 15.04. – 25.04.2017
Nach Durchzug der tropischen Zyklone Debbie hat sich das Wasser des Burnett River von Schlamm und abgetragenen Erdmassen braun verfärbt. Treibgut zieht in Richtung der Flussmündung. Jochen leiht sich von befreundeten Seglern einen Freediver. Dieses Gerät liefert durch einen Schlauch mit angeschlossenem Mundstück Pressluft für Tauchgänge in geringer Tiefe. Er reinigt Wasserpass, Unterwasserschiff und vor allem den Faltpropeller von Bewuchs. Keine angenehme Arbeit, denn die Sicht unter Wasser beträgt jetzt höchstens 20 cm. Die Arbeit ist notwendig, denn der Kaufvertrag sieht die Überführung der Yacht nach Southport vor, dem Wohnsitz der Käufer. Mike und Lyn treffen am 14.04., Karfreitag am Liegeplatz ein. Sie wollen die etwa 300 Seemeilen lange Überführung begleiten, um das Schiff und seine Bedienung kennen zu lernen. Ihre Pläne sind ambitioniert, denn am 17.04. sollen wir im Southport Yachtclub einlaufen. Bereits für den 18.04. ist dort ihr Gutachter bestellt, der als Voraussetzung der Schiffsübergabe noch Kiel, Rumpf und Ruder untersuchen soll. Im Falle erheblicher Beschädigungen an diesen Teilen ist ein Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag vereinbart. Die Überführung liegt somit noch in unserem Verantwortungsbereich. Wir haben zuvor schon für die mehrtägige Fahrt eingekauft und laufen sofort nach der Ankunft der Käufer am Vormittag aus. Vanessa, Ian und andere Stegnachbarn verabschieden uns und lösen die Festmacherleinen der Flying Dog. Wir werden unsere Freunde wohl nicht mehr wiedersehen.
Seewärts, in der Hervey Bay herrschen mäßige Winde. Leider können wir den gewünschten Kurs nach Südosten nicht anliegen und müssen hoch am Wind kreuzen. Die große, vorgelagerte Sandinsel Frazer Island schützt die Hervey Bay vor der hohen Dünung des Pazifiks und wir kommen zunächst gut voran. Am Abend erreichen wir die Einfahrt der langen Great Sandy Strait zwischen Frazer Island und dem Festland. Der Wind flaut ab und wir müssen die Maschine anwerfen. Des Nachts laufen wir in die Kingfisher Bay innerhalb der Sandy Strait ein und werfen Anker. Die erste Etappe von 65 Seemeilen ist zurückgelegt.
Die Great Sandy Strait besitzt zwar überwiegend geringe Wassertiefen aber am kommenden Morgen erkennen wir die landschaftliche Schönheit dieses Segelreviers mit verzweigten Fahrwassern und vielen Ankermöglichkeiten. Am Morgen verlassen wir unseren Ankerplatz und fahren durch die Sandy Strait in Richtung ihres Ausgangs zum Pazifik am Inskip Point. Vor der Mündung liegt eine ausgedehnte flache Barre aus hartem Sand über der sich die Dünung des Pazifiks meterhoch auftürmt und anschließend bricht. Die Barre kann nur nahe dem Hochwasserzeitpunkt passiert werden und dies nur an Tagen, an denen die Dünung nicht höher als 1,5 – 2,0 m ist. Bei starken Südost-Winden ist die Barre unpassierbar. Steiler Seegang, der über Deck zusammenschlägt und ins Cockpit einsteigt, kann ein Schiff beschädigen und die Crew gefährden. Bekommt der Schiffskiel unter diesen Bedingungen im Wellental Grundkontakt, bewirkt das in der Regel den Totalverlust des Schiffes. Wir haben eine Gegenströmung und kommen auf der 30 Seemeilen langen Strecke nicht schnell genug voran. Nachdem wir erkennen, dass die Barre nicht bis spätestens 2 Stunden nach Hochwasser erreicht werden kann, gehen wir am Nachmittag nochmals in der Sandy Strait, diesmal nahe Inskip Point vor Anker. Aufgrund der vorherigen Nachtfahrt legen wir uns früh in die Kojen. Tags darauf steuern wir dann am Morgen, nahe dem Hochwasserzeitpunkt die Barre an. Die aktuellen Daten zur Lage der veränderlichen Sandbänke, haben wir zuvor telefonisch von der Küstenwache erhalten und geben entsprechende Wegepunkte in den GPS-Plotter an der Steuersäule ein. Die Ausfahrt ist gewunden und erfordert diverse, scharfe Kurskorrekturen. Die Feinabstimmung des Kurses kann nur optisch erfolgen. Wir suchen uns den Weg, auf dem die wenigsten Brecher zu beobachten sind. Die Flying Dog wird dennoch stark durchgerüttelt. Die steilen Brecher dicht neben unserem Schiff flößen Respekt ein. Wir sind erleichtert, die Ausfahrt nach 30 Minuten ohne Beschädigungen gemeistert zu haben, zumal die Schiffsübergabe noch nicht erfolgt ist.
Bis zum Abend segeln wir hoch am Wind entlang der Küste Richtung Süden. Dann flaut der Wind abermals ab und wir nehmen die Maschine zur Hilfe. Nach längerer Nachtfahrt erreichen wir morgens um 4 Uhr Morton Island. Die große Insel ist Brisbane vorgelagert. Gleich am Nordwest-Kap ankern wir und gehen für 2 ½ Stunden in die Kojen. Der kurze Schlaf tut uns gut. Nach Sonnenaufgang geht die Fahrt weiter. In der Abdeckung von Morton Island und anderer Inseln laufen wir nun geschützt vor dem Pazifik-Seegang weiter nach Süden, Richtung Southport durch ein romantisches Segelrevier, das wegen der Nähe zu den großen Städten Brisbane und Southport insbesondere am Wochenende stark von Motor- und Segelyachten genutzt wird. Diverse Fahrwasser mit geringen Wassertiefen erfordern unsere Aufmerksamkeit, doch die Strömung ist stets mit uns. So laufen wir planmäßig am 17.04. gegen 18.00 h im mondänen Southport Yachtclub ein, wo Mike und Lyn bereits einen Liegeplatz reserviert haben. Die Schiffsüberführung ist damit erfolgreich abgeschlossen, die Flying Dog hat sich von ihrer besten Seite präsentiert und die Anspannung fällt von uns ab.
Am Morgen des 18.04. steuern wir die Flying Dog in den Lift. Das Boot wird aus dem Wasser gehoben und der Gutachter inspiziert genauestens Rumpf, Kiel, Ruder und Seeventile. Den gesamten Rumpf klopft er mit einem kleinen Hammer ab, um eventuell vorhandene Blasenbildung aufgrund von Osmose auszuschließen. Die Flying Dog besteht alle Tests. Schließlich empfiehlt der Gutachter noch, die Kielbolzen leicht nachzuziehen. Und dann sagt er den entscheidenden Satz zu seinem Auftraggeber: „You get a lot of boat for your money!“. Damit ist der Verkauf perfekt und die Übergabe kann vollzogen werden. Jetzt können wir erstmalig den Verlauf unserer weiteren Reise durch Australien planen.
In den nächsten Tagen lassen Mike und Lyn noch das Antifouling erneuern, zumal die Yacht ohnehin im Bootsyard aufgebockt ist. Sie laden uns ein, in dieser Zeit bei ihnen zu wohnen. Wir nehmen dankend an aber müssen nun schnellstmöglich unsere Sachen im Schiff zusammen packen. Mitnehmen können wir nur 25 kg Fluggepäck pro Person zuzüglich zweimal Handgepäck, jeweils 7 kg. Außerdem senden wir ein Paket von 20 kg per Schiffsfracht nach Deutschland. Auf unserem Schiff befindet sich jedoch ein ganzer Hausstand mit vielen Dingen, die wichtig oder wertvoll sind, oder an denen Erinnerungen hängen. Wir geraten unter Entscheidungsstress. Ein ganzer Lebensabschnitt geht zu Ende und wir verlassen überstürzt eine treue Kameradin, der wir so oft unser Leben anvertraut haben. Wir haben so viel zu tun, dass uns diese Situation im Grunde gar nicht klar wird und darüber können wir nur froh sein.
Southport ist ein klimatisch begünstigter Ort. Hier kann im gesamten Jahr gesegelt, gesurft und gebadet werden. Die langen Sandstrände von Southport gen Süden tragen den Namen „Gold Coast“. Der Gürtel, in dem sich tropische Zyklonen bewegen, endet auf dem Breitengrad Brisbanes. Southport ist normalerweise nicht mehr betroffen. Für den gehobenen Tourismus wurden Hochhäuser mit Ferienwohnungen und Appartements errichtet. Der Ort ist gut versorgt mit schicken Bars, Restaurants und Discotheken. Mit Mike und Lyn gehen wir hervorragend thailändisch essen. Verglichen mit dem ländlichen Bundaberg spüren wir hier eine andere Lebensart. Southport bezieht sich stark auf den Wassersport aber gleich im Landesinneren grenzt das Bergland an. Dort sind eindrucksvolle Wanderungen in den Bergwäldern möglich. Mit Mike und Lyn machen wir einen Ausflug dorthin und kehren auf dem Rückweg in einem bayerischen Restaurant ein, das hier als „deutsches“ Restaurant bezeichnet wird. Wir essen ein Jägerschnitzel der Schuhgröße 45 und trinken 2 vergleichbar „kleine“ Biere. Ein gelungener Tag.
Die angenehmen Tage im Kreise der Familie bei Mike und Lyn gehen schnell vorüber. Inzwischen haben wir unsere Sachen gepackt und Flüge nach Sydney im Internet gebucht. Am frühen Morgen des 25.04. fahren uns Mike und Lyn zum Flughafen. Wir fühlen, das Schiff in gute Hände gegeben zu haben und steigen ins Flugzeug. Die Flying Dog bleibt zurück.
Die Flying Dog zum Zeitpunkt des Verkaufs – Erfahrungen mit Schiff und Ausrüstung
Die Bilderserie dokumentiert den Zustand der Flying Dog zum Zeitpunkt des Verkaufs. Der Schiffstyp Bavaria 42 Cruiser, Baujahr 2005 war in seiner Bauqualität absolut geeignet für unsere 5-jährige Langfahrt auf der Barfuß-Route von Kroatien bis an die Ostküste Australiens. Wir kauften die gebrauchte Yacht Ende 2011. Voraussetzung für den zuverlässigen Betrieb ist die regelmäßige, qualifizierte Wartung der Yacht, eine gute meteorologische und navigatorische Planung der einzelnen Strecken und eine defensive Fahrweise mit rechtzeitigem Reffen der Segel. Wir hatten keine erwähnenswerten Schäden. Der traditionelle Schiffsgrundriss ermöglichte uns genügend Stauraum, einen fest eingebauten, großen Kartentisch und sogar eine frei bleibende Gästekabine. Allerdings hatten wir in den 5 Jahren unserer Langfahrt nur dreimal Besuch von Freunden und Verwandten. Eine weitere Kabine nutzten wir als zusätzlichen Stauraum. Das war für uns ausreichend.
Bei einer Yacht dieser Größe ist es immer fraglich, wo das Beiboot an Bord gelagert werden kann. Wir entschieden uns für ein Schlauchboot von 3,06 m Gesamtlänge und befestigten es auf dem Vordeck. Bei längeren Überfahrten, bei denen das Wetter nicht mehr genügend zuverlässig vorhergesagt werden konnte, ließen wir die Luft heraus und brachten das Schlauchboot vor Abfahrt unter Deck. Um das Beiboot aus dem Wasser zu heben, empfehlen wir, das Spifall zu schonen und eine eigens dafür in der Nähe der Mastspitze befestigte große Grundplatte mit starker beweglicher Rolle und gesonderter Leine zu installieren. Wir hatten das nicht und mussten dann auf der Pazifiküberquerung von Galapagos zu den Marquesas das im Mantel durchgeriebene Spifall austauschen. So etwas sollte man sich ersparen. Um die Beibootmanöver zu erleichtern, waren wir später überzeugt, dass für uns auch ein 2,75 m langes Boot ausgereicht hätte.
Die Flying Dog war beim Kauf mit einem senkrecht durchgelatteten Rollgroß ausgerüstet. Beim Reffen und Bergen des Segels mussten wir deshalb nicht an Deck sondern konnten das Manöver sicher aus dem Cockpit heraus durchführen. Das war sehr komfortabel. Das stufenlose Reffen und Bergen musste jedoch stets mit einer gewissen Präzision durchgeführt werden. Die Großschot ist dabei so weit zu fieren, dass der Winddruck aus dem Segel genommen wird. Andererseits darf das Segel nicht zu stark killen und muss deshalb mit dem Unterliekstrecker auf Spannung gehalten und nachgeführt werden. Ein übermäßig killendes Segel bildet beim Einrollen in den Mast Falten. Verbleibt Winddruck im Segel rollt man sich den Segelbauch in den Mast und die Segellatten legen sich spiralförmig um die Spindel. All das macht das aufgerollte Segel dicker in der räumlich begrenzten Mastkammer. Mit entsprechendem Kraftaufwand gelingt es zwar immer, das Groß in den Mast zu drehen, nur am nächsten Tag kommt es nicht mehr heraus, da man unkonzentriert gearbeitet hat und sich das dick aufgerollte Segel in der Mastkammer festklemmt. Mit etwas Übung passiert das vielleicht noch in 1-2% aller Fälle und nach ärgerlichen 30 Minuten haben wir das Groß vor-und-zurück immer noch heraus bekommen. Ob man das Rollgroß oder das traditionelle Groß mit Lazy Jacks und 3 festen Reffstufen bevorzugt, mag also jeder für sich entscheiden.
Für das Segeln im Passat mit lang andauernden Raumschotskursen hatten wir einen Parasailor von 125 m² dabei. Wir setzten ihn klassisch mit Spibaum und 2 Leinen. Die Herstellerfirma empfiehlt auch die einfachere Nutzung ohne Spibaum, vergleichbar einem weit ausgestellten und durch den waagerecht integrierten Kite nach außen gestreckten Genacker. Bei mäßigem Wind hat letztere Konfiguration den Vorteil des einfacheren Aufbaus ohne Spibaum. Der klassische Aufbau mit Spibaum ist wesentlich arbeitsintensiver, ermöglicht es aber, bei auffrischendem Wind den Parasailor perfekt symmetrisch vor den Bug zu trimmen und ohne anluvenden Effekt auf genauen Vorwind-Kurs zu gehen. So wurden wir einst auf dem Nordatlantik des Nachts von einem Squall überrascht, der plötzlich Windgeschwindigkeiten von 27 knoten mitbrachte. Für eine überraschte 2-Personen-Crew auf einer Einrumpf-Yacht blieb nur wenig Handlungsmöglichkeit. Wir gingen vor den Wind. Das Schiff hob den Bug leicht aus dem Wasser und beschleunigte durchgehend auf 11 knoten. Erfreulicherweise luvte die Yacht nicht an. Was wären wir jetzt froh gewesen, wenn dieses Segel dort vorne nicht gestanden hätte. Nach etwa 20 Minuten ist der Squall durchgezogen, der Wind verringert sich und wir gehen wieder auf unseren ursprünglichen Kurs. Der Parasailor hat die Belastung ohne jede Beschädigung überstanden. Aber kann man sich sicher sein, dass Mast und Achterstag dies ebenfalls tun? Von da an, haben wir den Parasailor nicht mehr über Nacht durchstehen lassen. Am Tage kann man das heraufziehende schlechte Wetter besser erkennen und das Segel rechtzeitig bergen. Insgesamt hat uns der Parasailor einige gute Etmale geschenkt. Wenn er erst einmal steht, muss er nicht ständig getrimmt werden. Die Selbststeueranlage kann das Schiff steuern. Bis dahin ist aber insbesondere bei Nutzung des Spibaums in der Vorbereitung einige Arbeit zu leisten. Bei kurzen Distanzen, stark wechselnden Kursen und unbeständigem Wetter überlegt sich eine 2-Personen-Crew, ob es sich lohnt, nur kurzzeitig den Parsailor zu setzen. Alternativ wünschten wir uns vor dem Genua-Vorstag ein größeres, relativ bauchiges aber noch vom Cockpit aus einrollbares Vorsegel, z.B. einen Code Zero. Wir sind uns sicher, dass wir ein solches Segel viel häufiger genutzt hätten auch wenn es sich dabei wie immer um einen Kompromiss handelt.
Sehr lange Distanzen im Passat sind wir allein unter unserer weit überlappenden Genua, ohne Großsegel gefahren. Die Genua kann dann frei angeströmt werden und fällt auch bei tiefen Kursen nahe Vorwind nicht ein. Auf Grund der verringerten Segelfläche ist dieses Segeln erst ab 16 knoten Wind möglich. Die Passatwinde erreichten jedoch häufig diese oder eine höhere Stärke. Die Schiffsgeschwindigkeit betrug dann 6 oder 6,5 knoten. Damit waren wir immer zufrieden. Frischt der Wind wesentlich auf, kann die Segelfläche der Genua leicht stufenlos eingerollt werden. Nur unter Genua in die Nacht zu fahren, vermittelte uns immer ein sicheres Gefühl.
Der Langfahrtsegler liegt mindestens 75 % der Zeit in Ankerbuchten oder Häfen. Dabei dominieren die Ankerbuchten. Man macht einen Tagesausflug mit dem Mietwagen, unterdessen wird der Ankerplatz von einem Gewitter mit heftigen Windböen heimgesucht. Ein gut dimensioniertes Ankergeschirr ist deshalb von überragender Bedeutung für die Sicherheit des Schiffes. Die Flying Dog hat ein im Bootsschein eingetragenes Schiffsgewicht (Verdrängung) von 9,2 Tonnen. Mit Langfahrt-Zuladung gingen wir von einem Gesamtgewicht von 10,6 Tonnen aus. Dazu passend fuhren wir einen 25 kg schweren Rocna-Anker in der Bugrolle mit 70 m verzinkter Kette von 10 mm Dicke im Ankerkasten. Dieses Geschirr hat uns nie im Stich gelassen. Nicht gerade bei einem Hurrican aber in allen anderen Fällen liegt das Schiff recht sicher, wenn eine Kettenlänge von 5-facher Berechnungstiefe gesteckt ist. Dabei gehen wir von einem angemessen haltenden Ankergrund aus, am besten feiner Sand. Die Berechnungstiefe ist der senkrechte Abstand vom Meeresgrund bis zur Bugrolle des Schiffes. Damit konnten wir bis zu einer Berechnungstiefe von 14 m sehr sicher liegen. In der Südsee werden diese Tiefen häufig erreicht. In der Karibik haben wir in Ankerbuchten oft Berechnungstiefen von nur 10 m angetroffen. Für eventuelle Verlängerung des Ankergeschirrs hielten wir noch 30 m lange, 20 mm dicke Polyamid-Leinen (Nylon) mit eingespleissten, hochbelastbaren Edelstahl-Schäkeln von 12 mm Dicke bereit. Der Einsatz dieser Verlängerungen war jedoch in 5-jähriger Reisezeit nur in sehr wenigen Ausnahmefällen notwendig. Als Zweitanker hatten wir einen Cobra-Anker von 20 kg dabei, den wir unter Deck stauten. Wir setzten ihn gelegentlich in der Südsee als Heckanker ein, wenn in einer geschützten aber eng belegten Hafenbucht mit geringem Schwoje-Raum zu ankern war oder die Yacht aus Komfortgründen exakt gegen den einlaufenden Schwell ausgerichtet werden sollte. Ansonsten stand der Zweitanker nur auf Abruf, falls es am Hauptanker zu Problemen kommt oder man sich gegen einen bevorstehenden Sturm in einer geeigneten Ankerbucht mit 2 V-förmig am Bug seewärts ausgebrachten Ankern und 2 langen Heckleinen zum Land verschanzen muss. Erfreulicherweise sind wir nie in diese Situation gekommen. Dennoch gehört ein belastbarer Zweitanker immer zur notwendigen Ausrüstung einer Yacht.
Elektrische Energie ohne Landanschluss erzeugten wir mit Hilfe zweier Solarpaneele von jeweils 75 Watt und eines Windgenerators von maximal 400 Watt, wobei all diese Werte nur bei günstigsten Bedingungen erreicht wurden. Außerdem konnten wir die Batterien durch einen tragbaren Benzingenerator von 1000 Watt / 220 Volt und über den Generator des Schiffsdiesels laden. Am Ankerplatz war der dauernde Betrieb des Kühlschranks der größte Stromverbraucher. Auch tropische Nächte sind sehr warm. Mit dem Windgenerator und den Solarpaneelen konnten wir in der Regel am Ankerplatz eine ausgeglichene Energiebilanz erzielen. Wir benötigten dazu keine fossilen Brennstoffe. In Ausnahmefällen mit Regen und wenig Wind musste täglich mit dem Benzingenerator nachgeladen werden. Auf Langfahrt unter Segeln war die Energiebilanz regelmäßig nicht mehr ausgeglichen, da der Betrieb der elektrischen Selbststeueranlage und der Navigationselektronik hinzu kam. Hier musste mindestens einmal täglich der Benzingenerator für eine Stunde eingesetzt werden. Wir empfehlen deshalb, die Kapazität der Energieerzeugung, insbesondere die Fläche der geräuschlos arbeitenden Solarpaneele deutlich zu erhöhen. Dies muss jedoch im Rahmen eines Gesamtkonzeptes mit ebenfalls erhöhter Batteriekapazität erfolgen. Wir hatten außer der separaten Starterbatterie eine Batteriekapazität von 420 Ah an Bord. Gefühlsmäßig hätten wir uns diesen Wert verdoppelt gewünscht. Die Kostenentwicklung bei Lithium-Ionen-Batterien sollte beobachtet werden. Dieser Batterietyp vereinigt hohe Speicherkapazität mit geringem Volumen und hält länger. Die Anschaffungskosten waren jedoch bisher abschreckend hoch.
In Panama kam ein Wassermacher der Herstellerfirma EchoTec mit einer Leistung von 50 Liter/h an Bord, da wir hörten, die Versorgung mit frischem Trinkwasser sei im Südpazifik nicht gewährleistet. Letzteres hat sich überwiegend nicht bestätigt. Auch die Südsee ist heute nicht mehr aus der Welt und es ist durchaus möglich, auch ohne Wassermacher dort auf Langfahrt zu gehen. Das Produkt EchoTec ist ohne Druckrückgewinnung etwas einfacher gestaltet und sehr betriebssicher. Wir konnten die Anlage dank guter Beschreibung mit mittlerem handwerklichen Geschick selbst einbauen. Die Anlage hat immer störungsfrei gearbeitet. Voraussetzung ist, dass man genau das tut, was in der Betriebsanleitung steht. Insbesondere muss die Anlage mindestens alle 3-4 Tage benutzt werden, sonst setzt sich die Filtermembran zu. Für längere Stillstandszeiten muss die Anlage konserviert werden. Für unsere Bedürfnisse hätte wohl auch eine Anlage mit 40 Liter/h ausgereicht. Der Komfortgewinn durch einen Wassermacher ist natürlich erheblich. Alternativ muss man am Ankerplatz liegend 5 Stück Wasserkanister von gut 20 Litern in das Beiboot laden, zur Wasserzapfstelle an Land fahren, zurück am Schiff die Kanister an Bord heben und in die Tanks füllen. Bei fast leeren Tanks ist das dreimal auszuführen. Das mit dem Wassermacher gewonnene Wasser ist trinkbar, bakterien- und virenfrei und hat einen guten Geschmack.
Die Flying Dog hatte einiges an Navigationselektronik zu bieten. Aus unserer Sicht war das sendefähige AIS-Gerät ein großer Zugewinn an Sicherheit. Es gewährleistet, dass man am Tage und in der Nacht nicht nur Berufsschiffe und heutzutage auch viele Yachten über weite Distanzen sieht sondern vor allem auch von ihnen gesehen wird. Insbesondere werden Kurs und Geschwindigkeit anderer Schiffe unmittelbar und detailliert angezeigt. Bei Annäherung ertönt ein Alarm. Die Auswertung der genauen Anzeigen erfolgt viel leichter und schneller als dies mit Radar möglich wäre. Mit guten elektronischen Seekarten auf dem GPS-Kartenplotter und einiger Vorsicht kann man durchaus eine Langfahrt auch ohne Radar erfolgreich durchführen. Mit einem Radargerät kauft man sich aber vor allem des Nachts oder bei Nebel in abgelegenen Gebieten zusätzliche Sicherheit. Die GPS-Position stimmt in der Regel, doch die im Kartenplotter sichtbare Seekarte kann auf Grund fehlender technischer Möglichkeiten in einigen Staaten und Bereichen um mehrere 100 m versetzt oder falsch vermessen sein. Beispielsweise kann dann mit Radar die enge, nächtliche Passage zwischen zwei unbeleuchteten Inseln quasi-optisch kontrolliert und Abstände festgestellt werden. Vor der nordafrikanischen Küste trafen wir auf viele lokale Fischerboote, die weder beleuchtet waren noch über ein AIS-Gerät verfügten. Sie waren des Nachts nur auf dem Radarschirm sichtbar. Weltweite Wetterberichte erhielten wir als kostenlose Grib-Files per E-Mail von NOAA aus den USA. Die Mails gingen über unser Iridium Satellitentelefon ein, das wir mit unserem Laptop verbunden hatten. Um die übertragene Datenmenge zu reduzieren, konnte das Vorhersage-Gebiet bedürfnisgerecht von uns gewählt werden. Der Empfang auf hoher See funktionierte zufriedenstellend. Außerdem konnten wir so auch unsere privaten Mails versenden. Eine Kurzwellenfunkstelle betrieben wir nicht. Wir hatten lediglich einen KW-Empfänger dabei. Eine Kurzwellenfunkstelle haben wir nicht vermisst.
Schiffsverkauf in Bundaberg 15.12.2016 – 14.04.2017
Am 15.12. treffen wir wieder in der Bundaberg Port Marina ein. Während unserer Abwesenheit gab es in Bundaberg erfreulicherweise weder schweren Sturm noch eine tropische Zyklone. Die Flying Dog liegt wohlbehalten am Schwimmsteg. Mittel- und Vordeck sind immer noch mit Planen abgedeckt. Das Schiffsinnere ist völlig trocken. Im Schiff herrschen belastende 35 Grad Celsius. Wir entfernen die Planen und öffnen alle Luken, um die Temperatur etwas zu verringern. Die Tagestemperatur in Bundaberg beträgt jedoch etwa 32 Grad. Wir müssen uns anpassen.
In den folgenden Tagen befestigen wir die Ausrüstung wieder an Deck, ziehen die Genua in das Vorstag ein und bringen alle notwendigen Decksleinen aus. Danach nehmen wir Kontakt mit einem Gutachter und einem Broker auf, die den Schiffswert feststellen bzw. beim Ausfüllen der Importpapiere behilflich sein sollen. Unser Entschluss, die Flying Dog jetzt zu verkaufen, steht fest, obwohl uns noch ein Neuseeländer vom Nachbarsteg warnend zuruft: „You can not sell your dream!”.
Fast 5 Jahre haben wir nun jeweils den größten Teil des Jahres auf dem Schiff gelebt und mehr als die halbe Erde umrundet. Ein Blick auf unsere Fotosammlung zeigt uns, welch großartige Dinge wir auf unserer Reise gesehen und erlebt haben. Ursprünglich wollten wir noch über die Solomon Inseln, Papua Neu-Guinea, durch die Torres Straße nach Indonesien, Singapur und Malaysia fahren. Doch der dortige Schiffsverkauf wäre wohl schwieriger als in Australien. In der malaysischen Freihandelszone Langkawi warten schon sehr viele Yachten längere Zeit auf einen Käufer. Im Falle des möglichen Scheiterns würde die Rückreise mit der Flying Dog ins Mittelmeer durch das durch Piraten gefährdete Rote Meer führen, alternativ über lange Distanzen im Indischen Ozean mit vorherrschenden Gegenwinden um das südafrikanische Kap der guten Hoffnung, dann über den Südatlantik zur Insel St. Helena, Brasilien, Karibik, Bermuda, Azoren und über die Straße von Gibraltar von Westen ins Mittelmeer. Beide Alternativen gefallen uns nicht. Vor allem Biggi möchte diese Risiken nicht mehr eingehen. Was wir nach unserer Ankunft in Deutschland machen werden, diese Frage bleibt derzeit offen. Zunächst planen wir nach erfolgreichem Schiffsverkauf eine große Rundreise mit dem Wohnmobil durch Australien. Doch zuvor müssen wir uns mit den in Australien geltenden Einfuhrbestimmungen für Yachten auseinandersetzen.
In Australien sind 5% Zoll und 10% Mehrwertsteuer auf den Schiffswert schon abschließend zu bezahlen, wenn die Yacht erstmalig zum Verkauf angeboten wird. Da der Verkauf zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt ist, muss der Verkäufer einen zugelassenen Gutachter beauftragen und bezahlen, um den Schiffswert verbindlich festzustellen. Unsere Hoffnung auf einen in diesem Verfahren sehr herabgesetzten Schiffswert erfüllt sich auch nach Verhandlung nur in geringem Maße. Sollte der Verkauf scheitern, wären alle bereits geleisteten Zahlungen verloren und würden nicht rückerstattet. Wer sein Schiff nach Australien importiert, muss es danach auch schnellstmöglich dort verkaufen. Ein sinnvolles Zurück gibt es nicht mehr. Zudem sind die mehr als 15 % des Schiffswertes vorzuschießen, kein geringer Betrag. Wann später der Verkauf gelingen und der hoffentlich angemessene Kaufpreis fließen wird, wissen wir jetzt noch nicht. Wir riskieren es dennoch, wenn auch mit gemischten Gefühlen. Am 17.01. haben wir alles bezahlt und erhalten von den zuständigen Behörden eine Mail, in der der erfolgte Import des Schiffes bestätigt wird. Der Broker, der für uns die Importformulare vorbereitet hat, bietet uns auch seine Dienste für den Verkauf des Schiffes an. Er möchte dafür 7,5 % des Verkaufspreises abschöpfen. Am 24.02. setzen wir deshalb ohne weitere fremde Hilfe die Flying Dog mit Fotos und Beschreibung in ein australisches Internet-Verkaufsportal. Diverse Schönheitsreparaturen, wie neue Spiegel und Accessoires in den WC-Räumen, Streicharbeiten, Ersatz einiger Fensterdichtungen und neue Bekleidung eines Steuerrads sind bis dahin bereits von uns erledigt. Wird sich das im erzielbaren Verkaufspreis niederschlagen? Kann das Schiff dadurch schneller verkauft werden? Wir können nur optimistisch sein.
Zwischenzeitlich haben wir unsere Klappräder aufgebaut und fahren häufig in die nächste kleine Ortschaft, nach Burnett Heads. Wir kaufen dort ein und besuchen das örtliche Café. Auf der Fahrt und im Ort begegnen uns regelmäßig Kängurus, die in Gruppen grasfressend die Gegend durchstreifen. Die hier ansässige, graue Art kann – aufgerichtet – die Körpergröße eines mediterranen Menschen erreichen. An anderen Orten gibt es auch kleinere Arten, wie die Wallabies und die gelbfüßigen Felsenkängurus, während die roten Riesenkängurus aus Zentralaustralien nur gebückt durch einen Türrahmen passen. Verkehrssicher sind sie alle nicht und können einem blitzschnell vor das Auto springen. In der Regel sind die Tiere friedlich und sehen eher niedlich aus. Kommt man jedoch dem kräftigen Bullen mit dem dicken Hodensack so nahe, dass er sich bedrängt fühlt, kann er angreifen. Kängurus kratzen einem mit ihren Krallen Brust und Leib auf, bis der Blutverlust zum Tode führt. Wir nähern uns deshalb nur auf Fotodistanz und die Tiere erkennen unsere friedliche Absicht.
Weiter mit dem Fahrrad entlang der Küste erreichen wir Bargara, einen Ferienort mit Stränden, Ferienwohnungen, Cafés und Restaurants, geeignet für den Lunch. Nochmals einige Kilometer weiter erreichen wir den großen Sandstrand von Mon Repos. Am späten Abend besuchen wir diesen Ort ein zweites Mal, denn dann kommen dort im Januar die großen Seeschildkröten aus dem Meer, um am Strand eine Vertiefung auszuheben, in die sie ihre Eier ablegen. Zugleich schlüpfen um diese Zeit bereits junge Schildkröten aus anderen Gelegen und machen sich im Schutze der Nacht auf den Weg ins Meer. Ranger weisen uns den Weg zu den Gelegen. Wir sind von dem Naturschauspiel tief beeindruckt.
In der Marina lernen wir Vanessa und Ian kennen, die dort auf einer großen Motoryacht leben. Gemeinsam mit ihnen machen wir Ausflüge unter anderem durch die ausgedehnten Zuckerrohrfelder nach Bundaberg zum Tierpark, Botanischen Garten und zur Rum-Destillerie, in der der Bundaberg Rum hergestellt wird. Obwohl hier produziert, kostet er leider wegen hoher Steuern doppelt so viel, wie Produkte gleicher Qualität in Deutschland. Wir beschränken uns auf eine Flasche. Vanessa reicht uns eine bereits aufgebrochene Krabbe, die sie selbst in einem Krabbenkorb im Fluss gefangen hat. Die Krabbe schmeckt vorzüglich. Sie helfen uns vielfach und unsere gemeinsamen Unternehmungen machen immer viel Spaß. Wir schließen dauerhaft Freundschaft.
Auf dem lebendigen Sonntagsmarkt kaufen wir einige der zur Zeit hier erntereifen Dragon Fruits. Die vitaminreichen tropischen Früchte sehen fantasievoll aus und schmecken etwas süßer als Kiwis. Abends treffen wir uns regelmäßig mit anderen Seglern in der Cruisers Cove an der Marina oder gehen mit ihnen im Burnett Heads Hotel wöchentlich essen zum Preise 2 für 1, allerdings mit reichlich Getränken dann mehr als gedacht. Nach der zweiten Runde Bier kommt erheblich Stimmung auf und wir verstehen dann vielleicht noch 20% der in Australien gesprochenen Sprache, die dem Englischen ähnelt. Andern Tags fängt Jim, unser Stegnachbar, einen großen Flat Head mit Rute und Wobbler direkt am Schwimmsteg. Er lädt uns zum Essen auf sein Schiff ein, wir bringen die Beilagen und genießen den Abend. Mit Schlangen muss man in Australien stets rechnen. Ian und Vanessa finden plötzlich eine kleinere an Bord ihres Schiffes. Eine größere Python hält zwischen Bauschutt ein Verdauungsschläfchen. Wir beobachten auch eine Wasserschlange, die ohne Hast das Hafenbecken durchschwimmt. Der Australier reagiert darauf gelassen.
Drei Stunden nach Veröffentlichung der Verkaufsanzeige kommen die ersten Anfragen von Interessenten. Haben wir das Schiff zu preiswert angeboten? Wir werden mit uns zuvor unbekannten australischen Regeln konfrontiert. So müssen alle Wanten und Stagen des Riggs, unabhängig von ihrem tatsächlichen Zustand, nachweislich alle 10 Jahre komplett erneuert werden, sonst wird das Schiff von allen besseren Versicherungen nicht versichert. Es handelt sich um eine Absprache zwischen diesen Versicherungen und der australischen Industrie. Unser Rigg ist 12 Jahre alt. Geschätzte Kosten: 14.000 australische Dollar. Die nach europäischer Norm gefertigte Gasinstallation einschließlich Herd und Backofen muss grundsätzlich weggeworfen und nach australischer Norm neu hergestellt werden. Kosten laut Handwerker-Angebot: zwischen 4.000 und 5.000 australischen Dollar. Weitere Anforderungen sind dagegen Kleinigkeiten. Einige Interessenten verlangen deshalb einen Nachlass von 20.000 australischen Dollar. Sie versuchen uns mit einer Vielzahl von Anforderungen, Normen und Gesetzen so zu verunsichern, dass wir das Schiff am Ende verschleudern. Unter unseren auskömmlichen Mindestpreis gehen wir jedoch nicht. Schließlich sind wir aber froh, mit Mike und Lyn ein sehr sympathisches Ehepaar aus Southport gefunden zu haben, das am 28.03. den von uns aufgesetzten Kaufvertrag unterzeichnet. Gemeinsam mit ihnen wollen wir zu Ostern, ab dem 14.04. die Flying Dog nach Southport überführen. Dort soll noch eine Gutachter-Überprüfung des Unterwasserschiffes, das heißt von Rumpf, Kiel und Ruder stattfinden und bei positivem Ausgang das Schiff dem Käufer übergeben werden.
Die Saison, in der die Ostküste Australiens von tropischen Zyklonen heimgesucht werden kann, dauert statistisch gesehen von November bis April einschließlich. In dieser Saison hat es bisher keine Zyklone an der Ostküste gegeben. Nun trifft der Wirbelsturm Debbie einige hundert Kilometer nördlich von Bundaberg auf Land und verursacht dort Verwüstungen und Überschwemmungen. Landeinwärts dreht er nach Süden und nimmt erneut Kurs auf die offene See. Dabei soll er am 29.03. direkt über Bundaberg hinwegziehen. Vorteilhaft ist lediglich, dass er sich über Land etwas abschwächt und laut Vorhersage auf ein schweres Sturmtief zurück gestuft wird. Uns geht durch den Kopf, dass die Schiffsübergabe noch nicht stattgefunden hat. Wir sind besorgt, dass der Sturm die Flying Dog beschädigen könnte oder sich durch den Starkregen im Burnett River eine so reißende Strömung aufbaut, dass die Schwimmstege der Marina aus ihren Verankerungen gerissen werden. Letzteres führt in der Regel zum Totalverlust der daran befestigten Schiffe. Auch wenn nur einzelne Schiffe sich losreißen, können sie mit der Flying Dog kollidieren und sie am Steg hängend versenken. Werden nun all unsere Bemühungen doch noch zu Nichte gemacht?
Wir sichern die Flying Dog mit doppelten Festmacherleinen und zusätzlichen Abspannungen, bauen das Sonnenverdeck ab und laschen alle beweglichen Teile auf Deck fest. Dann zieht der Kern des Sturmtiefs durch. Vor dem Höhepunkt des Sturmes verbunden mit peitschendem Regen ruft die Hafenverwaltung alle Schiffsbesatzungen in einem Schutzraum zusammen. Wir müssen die Flying Dog ihrem Schicksal überlassen. Auf dem Weg zum Schutzraum versucht der Sturm uns zu Boden zu werfen oder uns vom Steg zu drängen. Wird die Tür zum Schutzraum kurz geöffnet, kommen gleich einige Eimer Wasser mit in den Raum, in dem sich die durchnässten Menschen sammeln. Nach zwei Stunden ist der Tiefdruckkern durchgezogen und die Situation verbessert sich langsam. Wir kehren zur Flying Dog zurück. Sie hat bravourös durchgehalten und keine nennenswerten Beschädigungen davon getragen. Die Strömung im Burnett River hat sehr zugenommen. Es gelingt ihr aber nicht, die Schwimmstege loszureißen, deren Befestigungen nach den verheerenden Beschädigungen durch eine tropische Zyklone vor einigen Jahren verstärkt wurden. Wir sind froh, dass für uns alles gut ausgegangen ist. In vielen anderen Landesteilen dauert es noch lange, bis die Überschwemmungen zurück gegangen sind.
Zum 14.04. machen wir die Flying Dog seeklar für die Überführung nach Southport. Mike und Lyn, die uns begleiten werden, treffen morgens ein und um 11.00 h verlassen wir die Marina, in der unser geliebtes Schiff nun gut 7 Monate gelegen hat.
Singapur 03.09. – 05.09.2016
Kurz nach Mitternacht treffen wir in Singapur ein. Ein Taxi bringt uns zum vorgebuchten, kleinen Hotel am Rande des Stadtbezirks „Little India“. Wenige Stunden später geht die Sonne auf und wir suchen uns ein chinesisches Frühstücksrestaurant im Jalan Besar District. Das Frühstücksmenü dürfen wir uns aus einem Sortiment kleiner Näpfe selbst zusammenstellen. Besonders interessant eine würzige, rote Sauce mit Fleischeinlage. Biggi zieht mit ihren Essstäbchen aus der Sauce eine Hühnerkralle heraus, eine chinesische Spezialität, die man komplett in den Mund steckt, um dort Haut und etwas Muskelfleisch abzulösen. Zusammen mit der roten Sauce ist das Gericht sehr pikant. Daneben gibt es große Krabben und diverse Gemüse mit schmackhaften Saucen. Getrunken wird schwarzer, stark gesüßter Tee.
So gestärkt, erkunden wir Little India mit diversen Tempeln unterschiedlicher Glaubensrichtungen und einem lebendigen Straßenbild. Uns beeindruckt die Vielfalt der Bevölkerungsgruppen, die hier zusammen leben: Inder, Malaien, Chinesen, Araber, Europäer. Nach längerem Rundgang kehren wir erst einmal in ein indisches Restaurant zum Lunch ein, wohlschmeckend aber scharf. Nirgendwo liegen Papier oder Abfälle auf der Straße. Das Wegwerfen von Abfällen im öffentlichen Raum steht unter hohen Strafen. Auf den Besitz von Drogen steht sogar die Todesstrafe.
Singapur (Sanskrit: <Löwenstadt>) liegt an der Südspitze der Malaiischen Halbinsel. Ein sehr schmaler Meeresarm trennt es von Malaysia. Der größte Teil der Insel ist städtisch bebaut. Hier leben ca. 3,0 Mio. Einwohner. Bereits im 14. Jahrhundert lag Singapur im Mittelpunkt der Handelsstraße zwischen Arabien, Indien und China. Es wurden Schiffszölle erhoben. Teilweise gab es Piraterie. Singapur liegt nahe des Äquators und besitzt ganzjährig ein feucht-warmes Klima. Frühere Mangrovengebiete und Sümpfe sind heute weitgehend verschwunden. Malariamücken sind praktisch nicht mehr vorhanden. Mit Ankunft des Engländers Sir Stamford Raffles im Jahre 1819 begann der Wandel zur multikulturellen, wirtschaftlichen und finanzpolitischen Drehscheibe. Sicherheit, Sauberkeit, stabile Regierung und perfektes Funktionieren machen den Stadtstaat zur Schweiz Asiens. Geschäftssinn ist in der Bevölkerung vorhanden. Mindestens 130 Banken und ein betriebsamer Hafen erwirtschaften Einkünfte. Mit dem Aufkommen der Dampfschifffahrt um 1870 und der Eröffnung des Suezkanals 1869 wurde Singapur der bedeutendste Hafen zwischen Europa und Ostasien. 1965 erlangte Singapur die vollständige Unabhängigkeit von England.
Am Nachmittag fahren wir mit der modernen und sauberen U-Bahn in den Süden der Stadt. Eine Fahrkarte am Automaten zu lösen erscheint uns einfacher und übersichtlicher als die entsprechende Aktion im Verkehrsverbund-Rhein-Ruhr. In den Gardens By The Bay überrascht uns ein Ensemble monumentaler, künstlicher Bäume, an denen andere Pflanzen empor ranken. Ebenso beeindruckt uns anschließend die Bebauung auf den Marina Bay Sands mit exklusivem Shopping Center und dem Arts-Science-Museum. Eine Fußgängerbrücke aus Edelstahl in der Form einer Helix schwingt sich über die Marina Bay. Offensichtlich freut sich Singapur daran, seine dynamische Entwicklung auch architektonisch zu versinnbildlichen. Die in Deutschland oft gebrauchte Formulierung: „Geht das nicht auch einfacher?“ ist hier fremd. Das Geld dafür wird bereit gestellt.
Tags darauf besichtigen wir Chinatown mit seinen Schmuck-Läden und Marktständen für Touristenbedarf, Gemüse und für alles andere, das es auf der Welt gibt. Wir erwerben chinesische Lampions in der Form eines Glücksfisches und eines Pferdes. An mehreren Stellen umgibt uns der strenge Geruch der bei Einheimischen beliebten Durian-Frucht. Aus einem Kiosk heraus verkauft ein Bayer den Bewohnern Singapurs frische Salzbrezeln, hier eine exotische Spezialität. Wir entscheiden uns an anderer Stelle für Peking-Ente. Später besuchen wir allerdings ein Café-Haus am Ann Siang Hill Park. Café-Häuser gibt es in Singapur selten. Hier sitzen einige Touristen und begüterte Bürger Singapurs, die das für sie fremdländische Flair genießen. Dann geht es weiter zu den Wolkenkratzern des Bankenviertels und entlang der Uferpromenade des Singapore Rivers mit Blick auf den Colonial District am anderen Ufer. Zum Tagesabschluss trinken wir dort zwei ortsübliche Tiger-Biere. Unser Singapur-Besuch neigt sich damit seinem Ende zu.
Neu Kaledonien bis Ankunft Australien 03.08. – 02.09.2016
Nun liegen wir seit dem 23.07. wieder an der Mooringtonne vor dem Yachtclub in Port Vila, der Hauptstadt Vanuatus und warten auf gutes Wetter für die Überfahrt nach Neu Kaledonien. Der Generalkurs dafür ist 190 Grad also Südsüdwest. Die Winde im Seegebiet zwischen Neu Kaledonien und Vanuatu kommen regelmäßig aus Südost und brisen häufig auf 5 Beaufort auf, verbunden mit entsprechendem Seegang. Wir wollen den unkomfortablen Kurs hoch am Wind vermeiden und warten auf die Vorhersage mehr östlicher Winde für gut 2 Tage, denn bis zum Südkap von Grande Terre, der Hauptinsel Neu Kaledoniens sind etwa 290 Seemeilen zurück zu legen.
Port Vila werden wir nur schweren Herzens verlassen und denken auch an die schönen Stunden zurück, die wir zur Happy Hour beim Seglertreff im Waterfront Restaurant erlebt haben. Am 02.08. dreht der Wind dann auf östliche Richtung und wir beginnen am frühen Morgen mit dem Ausklarieren. Zoll und Immigration liegen an entgegengesetzten Enden der Stadt und es wird abschließend noch eine „Hafengebühr“ in Höhe von 100 € je nach Aufenthaltslänge in Vanuatu verlangt. Akzeptiert wird nur Cash, so dass wir noch einmal zur Bank müssen. Gegen 13.30 h sind wir endlich wieder am Schiff und können nun auslaufen.
Am Ausgang der großen Bucht vor Port Vila erwarten uns 5 Windstärken. Der scheinbare Wind fällt etwas vorlicher als querab ein und wir kommen gut voran. Dieser Wind begleitet uns einen Tag lang, dann beginnt er abzuflauen und dreht auf Nordost. Die Flying Dog läuft jetzt nur noch langsam. Wir müssen teilweise die Maschine zuschalten und passieren in der Nacht vom 03. auf den 04.08. die Durchfahrt unmittelbar südlich der Insel Lifou. Die Insel gehört zur Gruppe der Neu Kaledonien vorgelagerten Loyalitätsinseln. Ein Einklarieren in Neu Kaledonien ist hier nur mit beschränkter Wirkung möglich. Schon nach wenigen Tagen des Aufenthalts müssten wir uns bereits beim Zoll in der Hauptstadt Nouméa auf Grande Terre einfinden, um den Vorgang abzuschließen. Wir wollen deshalb die vorübergehend günstigen Wetterbedingungen nutzen, um Neu Kaledoniens Südkap zu erreichen und verzichten auf den Besuch der Loyalitätsinseln.
Zum Schleppfischen lassen wir die 1,2 mm dicke, hochfeste Fischleine von unserer Handhaspel auslaufen. Als Köder verwenden wir heute einen 18 cm langen Löffelblinker aus dickem Edelstahlblech. Nach einiger Zeit ruckt die Fischleine kurz an und wir versuchen die Angel einzuholen, um sie zu überprüfen. Vergeblich, denn nun gibt es den Biss eines kapitalen Fisches. Der Zug ist so stark, dass die dünne Angelschnur in die Hand einschneidet und nach wenigen Sekunden nicht mehr festgehalten werden kann, geschätzte Belastung: 40 kg. Die schwarze, dreieckige Rückenflosse des Fisches wird an der Wasseroberfläche sichtbar. Es ist ein kapitaler Haifisch. Er zwingt uns im Kampf, schnell weitere 5 m Fischleine von der Handhaspel ablaufen zu lassen. Im vorübergehend nachlassenden Zug kommt er vom Haken frei und verschwindet in den Tiefen des Meeres. Später stellen wir fest, dass der Köder aus Edelstahl vollkommen verformt und zusammengebissen ist. Uns geht durch den Kopf, was wohl geschehen wäre, wenn sich die Fischleine beim schnellen Nachlassen um einen Finger gelegt hätte. In solchen Situationen sind schon Finger abgeschnitten worden. Auf das erneute Ausbringen der Angel verzichten wir vorerst.
Am Abend des 04.08., mit Beginn der in diesen Breiten kurzen Dämmerung laufen wir in den Canal de la Havannah östlich des Südkaps ein. Wir sind froh, die Einfahrt in den Canal noch bei Tageslicht ansteuern zu können. Dann wird es dunkel und es beginnt zu regnen, verbunden mit schlechter Sicht. Der Verlauf des gewundenen Canals de la Havannah ist jedoch präzise in den Seekarten dargestellt und ausreichend betonnt, so dass die Durchfahrt bei Nacht möglich ist. An einer Engstelle begegnet uns ein kommerzieller Schleppzug. Die Flying Dog und das Schleppfahrzeug tauschen fortlaufend und automatisch Informationen zu ihrer Position, Kurs und Geschwindigkeit über das Automatische Schiffsidentifizierungssystem (AIS) aus. Damit ist eine sichere Passage des Schleppzuges in geringem Abstand möglich. Gegen 21.00 h laufen wir mit langsamer Fahrt in die vollständig unbeleuchtete Bay Iré auf der Nordseite der Ile de Quen ein und werfen den Anker. Hier sind wir bei zunehmendem, durchaus kühlen Regen geschützt vor dem nun aufbrisenden Wind. Am nächsten Morgen fallen uns auf der Insel insbesondere die hohen Pinien zwischen den Palmen auf, die möglicherweise von den europäischen Siedlern mitgebracht wurden. Die Natur unterscheidet sich von derjenigen in Vanuatu. Zwei Nächte liegen wir vor Anker in der einsamen, völlig unbewohnten Bucht und erholen uns von der insgesamt 307 Seemeilen langen Überfahrt, dann klart es auf und die Windrichtung ist günstig für die restlichen 25 Seemeilen bis Nouméa, der Hauptstadt Neu Kaledoniens. Am 06.08. laufen wir in die Marina Port Moselle / Nouméa ein, wo wir am Montag, den 08.08. einklarieren können.
Neu Kaledonien ist ein französisches Übersee-Departement auf einem langen Weg zur Unabhängigkeit und vollständigen Selbstverwaltung. Hier leben die Caldoches, die Nachfahren der französischen Siedler und die Kanaken, die Ureinwohner des Landes. Im Ergebnis einer nicht immer konfliktfreien Entwicklung anerkennen die beiden Bevölkerungsgruppen inzwischen die Rechte der jeweils anderen Gruppe. Auf dieser Basis gab es in den letzten 20 Jahren eine erfolgreiche wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung des Inselstaates. Der Lebensstandard ist höher als in Vanuatu. Einkommensquellen sind insbesondere der Tourismus und die Ausbeutung der Bodenschätze, vor allem Nickel. Die große Lagune zwischen dem Außenriff und der Hauptinsel Grande Terre wurde 2008 zu einem Weltnaturerbe erklärt. Hier eröffnet sich ein Wassersport-Paradies. Demgegenüber bringt der ausgedehnte Rohstoffabbau erhebliche Umweltprobleme mit sich.
Wir genießen das französische Flair des Ortes und besuchen Restaurants in Nouméa und in den südlichen Nachbarbuchten Baie des Citrons und Anse Vata. Beeindruckend auch das vom italienischen Architekten Renzo Piano entworfene Tjibaou Centre Cultural. Obwohl hier teilweise sichtbar der Teufel im Detail liegt, fügt sich das Kulturzentrum mit diversen Ausstellungsräumen für die Kunst der Kanak erstklassig in die umgebende Natur ein. Außerhalb der modernen Baukörper haben verschiedene Stämme der Kanak einige große Versammlungshäuser mit runden Grundrissen errichtet. Schaut man im Inneren dieser Häuser nach oben, in die Dachkonstruktion aus senkrechten Sparren und waagerechten Dachlatten erkennt man Strukturen, die sich an den Fassaden der modernen Baukörper wiederfinden. Das Zentrum respektiert die ausgestellte Kultur der Kanak als gleichberechtigt mit der europäischen, was in der Vergangenheit nicht immer so war.
In Nouméa haben wir die Möglichkeit, einige Ersatzteile für die Flying Dog einzukaufen. Mit den französischen Waren aus dem Supermarkt lässt es sich gut leben und im Hafen finden wir schnell Kontakt zu anderen Seglern. Dennoch ist unser Zeitbudget für Neu Kaledonien nicht sehr üppig. Ende August wollen wir bereits in Australien ankommen. Unser Blick richtet sich zunehmend auf durchziehende Hochs und Tiefs, um geeignetes Passagewetter zu ermitteln. Doch die Einreise nach Australien bedarf der Vorbereitung. Zunächst beantragen wir über Internet unsere Einreise-Visa. 5 Tage vor Einreise mit dem Schiff ist die geplante Ankunft per Mail anzumelden. Scharfe Einreise-Kontrollen des Schiffes sind im Gespräch.
Am 20.08. verlassen wir die Marina Port Moselle und verlegen die Flying Dog an eine Mooringtonne vor dem Hafen. Mit Taucherbrille und Schnorchel steigen wir ins Wasser, um den Schiffsrumpf, Kiel und Ruderblatt von Bewuchs zu reinigen. Zwei Einsätze von jeweils 1,5 Stunden im 20 Grad warmen Wasser sind notwendig. Immerhin ist jetzt hier Winter. Den Ankerkasten haben wir noch im Hafen gespült. Frische Lebensmittel sehen wir durch und legen sie zum Verzehr auf der Überfahrt bereit. Was bei Ankunft noch vorhanden ist, würde die Bio-Security in Australien beschlagnahmen. Nach ausführlicher Innenreinigung ist die Flying Dog klar zur Einreise nach Australien.
Am 21.08. heißt es „Mooringtonne los!“ und wir nehmen Kurs auf Bundaberg an der australischen Ostküste. Für die 900 Seemeilen auf offener See veranschlagen wir eine Fahrzeit von 7 – 8 Tagen. Die Fahrt beginnt mit günstigen Winden aus Ost, die uns eine längere Strecke unter Parasailor ermöglichen. Nachdem die Windstärke auf 5 zunimmt, bergen wir den Parasailor und fahren unter Genua ohne Großsegel noch 6 Knoten. Schließlich queren wir einen – allerdings vorhergesagten – Tiefdrucktrog mit nördlichen Windrichtungen. In Vorbereitung auf den Durchzug dieses Tiefs haben wir zuvor mit unserem Kurs etwas nach Nord vorgehalten, so dass wir nun vorübergehend auf Südwest drehen und auf unsere Ideallinie nach Bundaberg zurückkehren können. Das Manöver verläuft problemlos und bis dahin sind wir gut vorangekommen. Hinter der Tiefdruckfront laufen wir jedoch in schwache, umlaufende Winde ein. Wir sind erneut gezwungen, für längere Zeit Motorsailing zu praktizieren. Am Sonntag, 28.08. legen wir in der Bundaberg Port Marina am Zollsteg an. Mit dem Verlauf der Überfahrt sind wir letztlich zufrieden. 868 Seemeilen haben wir in 7 Tagen im Kielwasser gelassen.
Am darauffolgenden Tag wird die Flying Dog mehr als 2 Stunden von den australischen Behörden kontrolliert. Insbesondere Termiten im Holzausbau unter Deck werden gesucht – vergeblich. Wir dürfen einreisen und verlegen die Flying Dog in eine Box am Schwimmsteg in der Marina. Schnell bereiten wir sie auf die bevorstehende Liegezeit vor, denn schon am 03.09. setzen wir uns ins Mietauto, um zum Internationalen Flughafen im 400 km entfernten Brisbane zu fahren. Wir planen einen Besuch in Singapur.
Vanuatu 01.06. – 02.08.2016
Wie schon erwartet, verschiebt sich unsere Abreise aus Neuseeland nochmals wegen des Durchzugs einer Schlechtwetterfront um mehr als eine weitere Woche. Uns erfasst nun doch eine gewisse Unruhe. Dann sind endlich die besten Wetterbedingungen vorhergesagt, die wir im neuseeländischen Winter finden können und wir verlassen am 11.06. Opua um uns auf den gut 1.000 Seemeilen langen Weg in die Tropen zu machen. Wir sehnen uns nach höheren Temperaturen. Hinsichtlich unseres Reiseziels sind wir inzwischen etwas flexibler geworden. Neu Kaledonien, Vanuatu oder Fiji, wir halten uns – je nach Windrichtung – alles offen. Zunächst wollen wir bis zu vier Tage direkt nach Norden steuern, um aus den Zugbahnen der von West nach Ost bei Neuseeland durchziehenden Tiefdruckgebiete heraus zu kommen. Nach halber Strecke hoffen wir auf Passatwinde aus Südost bis Ost, so dass wir dann vorteilhaft Nordwest-Kurs fahren können. In jedem Fall wollen wir nicht wieder in schweres Wetter geraten, so wie wir es auf der Hinfahrt von Tonga nach Neuseeland im vergangenen Jahr erlebt haben.
Unmittelbar hinter der zuvor durchgezogenen Front laufen wir bei noch schwachen, umlaufenden Winden aus und müssen einen guten Tag teils unter Segeln und zeitweise unter Maschine unseren Kurs halten. Mit der Arbeit des Segelmachers sind wir unzufrieden, denn in der ersten Nacht auf See rutschen drei senkrecht eingebaute Segellatten aus den Lattentaschen des Großsegels bis sie aufs Deck stoßen. Eine Reparatur der Verschlüsse der Lattentaschen ist uns auf See nicht möglich. Wir bauen die betroffenen, bis zu 10 m langen Latten zunächst komplett aus und stauen sie unter Deck.
Am zweiten Fahrttag dreht der Wind günstig auf Süd, nimmt aber schrittweise auf 6 Beaufort – also Starkwind – zu. Der Wind bläst uns in die richtige Richtung. Die Flying Dog läuft mit gut 6 Knoten Geschwindigkeit ohne Großsegel mit einem kleinen Dreieck der Genua. Unter diesen Bedingungen kann unsere Selbststeueranlage gut und zuverlässig Kurs halten. Allerdings baut sich schnell eine raue See auf, die das Leben unter Deck sehr erschwert.. Nach einem halben Jahr an Land müssen wir uns an die Bedingungen auf hoher See erst wieder gewöhnen. Windgenerator und Solarzellen liefern genug Strom für elektrische Selbststeueranlage, Schiffselektronik und Navigations- sowie Kabinenbeleuchtung. Wir legen – uns zufriedenstellende – Etmale von rund 145 Seemeilen zurück.
Im Laufe des dritten Tages erreichen wir den 30. Breitengrad Süd. Weiterhin 23 – 26 Knoten Wind, jedoch langsam auf Süd-Südost drehend. Unser Plan geht auf und wir drehen auf Nordwest-Kurs ein. Die Temperatur ist bereits von 16° C auf 22° gestiegen. Wir halten uns überwiegend unter Deck auf. Die Flying Dog findet ihren Weg. Wir beschließen, Vanuatu anzusteuern.
Am vierten Tag beträgt die Restdistanz nach Aneityum, einer der südlichsten Inseln Vanuatus nur noch 410 Seemeilen. Über unser Funkgerät hören wir Funkverkehr der Seenotrettung mit. Eine 20 m lange Rennyacht auf dem Weg nach Fiji verliert zwei Besatzungsmitglieder. Ein Mann wird vom Großbaum am Kopf getroffen und bleibt tot an Deck liegen, ein zweiter Mann geht über Bord und kann im Seegang nicht mehr gefunden werden. Die restliche Crew ist nicht mehr in der Lage, das Schiff zu führen und wird abgeborgen. Wir fahren weiterhin – völlig ambitionslos – unter sehr kleiner Genua, lassen uns selten im Cockpit sehen und auf dem Deck gar nicht. Alles ist gut eingestellt und auf unser Schiff können wir uns verlassen.
Am sechsten Fahrttag beträgt die verbleibende Distanz auf Aneityum nur noch 93 Seemeilen. Wir wollen die Ansteuerung der von Riffen umgebenen Anelghowhat Bay nicht des Nachts vornehmen und versuchen unsere Fahrt zu verlangsamen, was nicht ganz einfach ist. Nachdem wir alle Segel geborgen haben, läuft die Flying Dog vor dem Wind allein unter der Fläche von Rigg, Rumpf und Aufbauten noch 3,5 bis 4 Knoten. Am Morgen des 18.06. fällt der Anker in der Anelghowhat Bay / Insel Aneityum / Vanuatu nach genau sieben Tagen Fahrzeit. Durchschnittsgeschwindigkeit: knapp 6 Knoten. Da die Zollabfertigung frühestens nach dem Wochenende stattfinden kann, haben wir Zeit, erst einmal auszuschlafen. Wir spüren die tropische Wärme mit 29° C und feuchter Luft. Unsere Kleidung passen wir dem geänderten Klima an und setzen die gelbe Flagge „Q“ unter der Steuerbordsaling, mit der wir bekunden, dass wir die Zollabfertigung anstreben. Ein warmer Regenguss geht nieder und wir springen von unserer Heckplattform ins warme Wasser der Bucht. Haie sind hier selten. Uns ist bewusst, dass wir die besten Segelbedingungen hatten, die man bei einer Passage von Neuseeland in die Tropen zur Winterzeit antreffen kann.
In den nächsten Tagen treffen noch fünf weitere Yachten ein, die unter neuseeländischer, englischer, australischer und französischer Flagge fahren. Wir kommen mit ihren Crews ins Gespräch und besuchen gemeinsam ein Dorffest mit traditionellen Tänzen und schmackhaftem lokalen Essen. Tags darauf fahren uns die Inselbewohner über eine Stunde mit einem Fischerboot zu einer anderen Bucht der Insel, von wo aus wir mit zwei Wanderführern an der Küste und durch die Berge zurückwandern. Die anspruchsvolle Wanderung dauert fünf Stunden. In den Bergen ist der schmale, mit rotem Lehm bedeckte Pfad aufgrund der Regenfälle teilweise glitschig.
Die Bewohner Vanuatus lernen wir als zurückhaltende, freundliche und völlig entspannt lebende Menschen kennen. Sie versorgen sich weitgehend selbst, indem sie nach persönlichem Bedarf Wurzelgemüse, Kokosnüsse, Papaya, Bananen, Pampelmusen, Mandarinen und viele andere tropische Gewächse auf den der Dorfgemeinschaft gehörenden Anbauflächen ernten. Die Anbauflächen gleichen aus unserer Sicht einem Dschungel. Unserer Bitte, uns Früchte zu verkaufen, können sie nicht entsprechen, da die Anbauflächen Gemeinschaftseigentum sind. Sie können uns nur etwas schenken, was sie daraufhin auch tun.
Am 27.06. fahren wir weiter zur Ankerbucht Port Resolution auf der Insel Tanna. 49 Seemeilen lassen wir dazu im Kielwasser. Die flach auslaufende Bucht ist anfällig gegen Schwell aus Nordost, der den Liegeplatz unerträglich machen kann. Wir stecken sicherheitshalber eine Kettenlänge von sechsfacher Wassertiefe, der Schwell hält sich jedoch zum Zeitpunkt unserer Anwesenheit in Grenzen. Attraktion ist der acht km entfernt liegende Mount Yasur, ein aktiver Vulkan, dessen Kraterrand begangen werden darf. In der Bucht geht ein Großteil der Männer täglich auf Kleinfischfang in Auslegerkanus, die als Einbäume gefertigt sind. Sie benutzen vorwiegend kleine Netze und stimmen ihre Aktionen aufeinander ab. Der Fang geht auf den Markt in Lenakel, dem Hauptort auf der anderen Inselseite. Wir kaufen einem von ihnen ein halbes Dutzend Fische ab und bereiten sie an Bord zu. Am Ufer sehen wir heiße Quellen aus vulkanischer Aktivität und nicht weit von unserem Ankerplatz steigt plötzlich ein großer Schwall Gasblasen zur Wasseroberfläche empor. Kann hier alles in die Luft fliegen und wenn ja, wann?
Wir lassen uns am späten Nachmittag mit einem Geländefahrzeug über einen extrem schlechten Fahrweg zum Mount Yasur fahren. Ein Führer bringt uns mit einem anderen Fahrzeug auf halbe Gipfelhöhe, dann geht es zu Fuß weiter bis zum Kraterrand. Hier weht ein starker Wind, der dunklen, scharfkantigen Vulkansand herumwirbelt. Gase steigen empor. Wir laufen den Kraterrand entlang, um den heißen Vulkanschlund auf die windabgekehrte Seite zu bekommen. Dort geht es 150 m steil nach unten und wir sehen in die heiße, brodelnde Lava. Auf der Außenseite des Kraterrands geht die äußere Vulkanwand ebenfalls steil nach unten. Im Krater kommt es zu lautstarken Eruptionen glühender Lava, die rund 100 m in die Höhe geschleudert wird. Die Inselbewohner sehen in dem Vulkan ein lebendiges oder sogar göttliches Wesen. Laut unserem Führer zeigen die hohen Eruptionen nur, dass sich Yasur über unseren Besuch freut. Wir bleiben bis nach Einbruch der Dunkelheit, da das Schauspiel dann noch eindrucksvoller ist. Der Rückweg mit Taschenlampe am Kraterrand ist leichter als der Hinweg, da die Gefahren nicht mehr sichtbar sind. Am Fuß des Vulkans bietet man uns frische Kokosnussmilch und Früchte an. Dann geht es zurück nach Port Resolution. Wir sind überwältigt von diesen Erlebnissen.
Am 01.07. segeln wir über Nacht direkt nach Port Vila auf der Insel Efate. Wir fahren durchgehend unproblematische Raumschotskurse und ergreifen morgens eine Mooringtonne vor der Hafenfront der Hauptstadt Vanuatus. Ein großes Kreuzfahrtschiff läuft kurz vor uns ein und macht am Hauptdock fest. Tourismus, lärmender Straßenverkehr und hohe Preise empfangen uns. Dennoch genießen wir den Unterschied zu den vorgelagerten Inseln. Wir besuchen den großen, offenen Gemüsemarkt und einen Supermarkt. Am Nachmittag sitzen wir häufig im „Café du Village“ an der Hafenfront und rufen bei einem Milchkaffee unsere Mails ab. Das gefällt uns. Bei den Restaurant-Preisen bemerken wir absurd hohe Unterschiede. An den Restaurant-Ständen auf dem Gemüsemarkt, die vor allem von normal verdienenden Einheimischen besucht werden, speist man schmackhafte lokale Gerichte für umgerechnet unter 4 Euro. In einem Touristenlokal zahlt man für Spaghetti Bolognese ohne besondere Zutaten 22 Euro, große Portion 24 Euro. Uns schmecken am besten die zwei Bier zur Happy Hour mit anderen Seglern an der Hafenfront. Wir besuchen das Nationalmuseum in Port Vila. Neben großen Tam-Tams, den aus Baumstämmen gefertigten Trommeln, Tanz-Masken und anderen Ausstellungsstücken zur Kultur Vanuatus werden uns die zum Weltkulturerbe gerechneten Sandzeichnungen sowie diverse Musikinstrumente live vorgeführt. Die Zeichnungen werden in einem Zuge, ohne abzusetzen hergestellt und dienten ursprünglich der Kommunikation zwischen den Inselbewohnern. Am besten gelingen sie, wenn der Zeichnende dazu ein kleines Lied singt. Wir werden gewarnt, eine Liebesbekundung vor dem Hause einer jungen Frau in den Sand zu zeichnen, da sich daraus Verpflichtungen ergeben können. Zum Abschied spielt der Vorführende noch auf einer traditionellen Flöte fehlerfrei die deutsche Nationalhymne. Wir sind mehr als begeistert.
Nun sind wir seit Neuseeland schon ein paar Wochen unterwegs, da könnten sich doch neue Reparaturen einstellen! Die Gasfeder in unserem Rod Kicker ist plötzlich platt, der Großbaum wird nicht mehr hoch gedrückt. Ersatzteil hier nicht erhältlich. Ein korrodiertes Elektrokabel zum Navigationslicht am Bug können wir ersetzen. Ein neues LED-Leuchtmittel für dieses Navigationslicht erhalten wir nicht. Die 30 m lange Leine für den Topnant ist stellenweise durchgescheuert. Die Leine können wir ersetzen. Wir hoffen, die fehlenden Ersatzteile später in Neu Kaledonien oder Australien zu erhalten. Wir reparieren uns wieder um die Welt.
Am 10.07. füllen wir unsere Wassertanks und wollen Vanuatus abgeschiedene Inselwelt nördlich von Port Vila erkunden. Wir gehen zunächst in Havannah Harbour/Efate, Revolieu Bay/Epi, Awéi und Sakao/Maskelyne Inseln vor Anker. An vielen Ankerplätzen sind wir das einzige Schiff. Einheimische verkaufen uns frische Früchte und Gemüse. Wir schenken ihnen Angelhaken und unsere ausgemusterten aber noch ordentlichen Kleidungsstücke. Wir besuchen die kleinen Dörfer und wandern in den dschungelartigen Kokosnussplantagen. Ranken und Schlingpflanzen angeln nach unseren Füßen. Das Seegebiet ist fischreich. Beim Schleppangeln fangen wir Makrelen und kleine Thunfische. Unser größter Fang ist ein rund 9 kg schwerer Blauflossenthun, den wir mit einer Familie auf Awéi teilen. Auf hoher See begegnen uns zwei Wale, die jedoch sehr schnell unterwegs sind und sich auf Gegenkurs befinden. Wir können sie nicht lange beobachten. Dafür sehen wir am Ankerplatz eine größere Gruppe von Delphinen, die an der Riffkante jagt.
Am 18.07. fahren wir zur Ranon Bay auf der Insel Ambrym. Die gesamte Insel ist ein ausgedehnter, aktiver Vulkan. Die beiden Vulkangipfel sind über 1.100 m hoch. Besiedelt sind die nördlichen und westlichen Bereiche der Insel, die am weitesten von den offenen Vulkankratern entfernt liegen. Hier ist das spirituelle Zentrum Vanuatus. Nirgendwo sonst sind die Tänze mit und ohne Masken authentischer. Auch an Magie wird geglaubt. Des Nachts wird der Rauch über den Vulkankratern von glühender Lava rot-orange angestrahlt und ist weithin sichtbar, so dass sich der Schiffsverkehr daran orientieren kann. Zunächst unternehmen wir kleine Wanderungen durch das Dorf Ranon und entlang der Küste. Nahe Ranon werden 130 Rinder von einem kleinen Frachtschiff aus Espiritu Santo angeliefert und müssen von einer Laderampe ins flache Wasser springen, um an Land zu kommen. Die Bevölkerung der umliegenden Dörfer ist zusammen gelaufen und will das Spektakel beobachten oder auch ein vorbestelltes Rind in Empfang nehmen. Die Rinder sollen hauptsächlich der Fleischproduktion auf der Insel dienen. Ein Einheimischer bittet uns um eine Leine für sein Rind, denn die ist hier teure Mangelware. Wir stellen ihm eine 10 m lange Leine zuzüglich einer weichen Kopfschlinge zusammen.
Am folgenden Tag werden wir zusammen mit der Crew eines französischen Katamarans von einem kleinen Fischerboot abgeholt und zur Ortschaft Olal gebracht. Von dort aus geht es in einem halbstündigen Fußmarsch in den Regenwald zu einem Versammlungsplatz. Kurz vor Erreichen dieses Platzes wird im Dschungel eine große Muschel angeblasen. Rund 15 männliche Tänzer treten aus dem grünen Dickicht hervor. Sie tragen Gürtel, in die auf dem Rücken Palmwedel gesteckt sind und die vorn als Befestigung für den Penishalter dienen. Mit urwüchsigem Gesang und stampfenden Schritten weist uns die Gruppe den Weg zum Platz. Die vorgeführten Tänze und Gesänge sind keine Festtagstänze, sie beschreiben in Geschichten die alte Kultur Vanuatus, die auf diese Weise weitergegeben wird. Anders als bei Festtagstänzen haben hier nur bestimmte Männer zu tanzen die Ehre. Die Tänzer bilden einen Kreis und wenden sich nach innen. Sie stärken damit ihre Gemeinschaft. Die Vorführung für ein Publikum ist im Grunde gar nicht vorgesehen. Nach Demonstration zweier Sandzeichnungen werden noch Magie und der Maskentanz (Rom-Dance) gezeigt. Chief Segor, der zuvor auch mitgetanzt hat, pflanzt in den Sand des Versammlungsplatzes einen Palmwedel 20 cm tief ein und stapft die Erde fest. Anschließend spuckt er ausgiebig auf die Pflanzstelle. Kein einzelner Mann aus dem Publikum ist fähig, diesen Palmwedel herauszureißen. Wir sind tief beeindruckt.
Am 22.07. machen wir uns auf den Rückweg nach Port Vila. Die Fahrt geht mit 29 Stunden über Nacht gegen die vorherrschende Windrichtung. Sie ist eher unbequem. Regenwolken und Schauer ziehen über uns hinweg und die Größe und Einstellung der Segelfläche muss auch nachts häufig geändert werden. Am 23.07. machen wir wieder an unserer Mooringtonne in Port Vila fest und warten auf gutes Wetter für die Überfahrt nach Neu Kaledonien.
Abfahrt New Zealand 09.04. – 31.05.2016
Unser Aufenthalt in Neuseeland geht dem Ende zu. Die Tage sind kürzer geworden, Regenfronten ziehen durch und die Temperatur sinkt, insbesondere in der Nacht. Der neuseeländische Winter naht. Zeitweise lassen wir im Schiff einen Heizlüfter laufen. Bereits seit zwei Wochen liegen wir abfahrbereit in der Marina Opua und warten auf ein geeignetes Wetterfenster für die – bei gutem Wetter – achttägige Überfahrt nach Noumea, der Hauptstadt Neu Kaledoniens. Die Distanz beträgt gut 1.000 Seemeilen. Eine Abfahrt war bisher nicht möglich, da eine enge Kette von Tiefdruckgebieten über die Nordinsel Neuseelands hinwegzog, oft verbunden mit Starkwind aus Nordwest. Wir wollen die nötige Geduld an den Tag legen, günstige Winde abwarten und nur überschaubare Risiken eingehen.
Wir erinnern uns. Am Abend des 08. April sind wir von unserer Campervan-Tour durch Neuseeland zur Flying Dog zurückgekehrt, die unbeschädigt im Boatsyard der Riversidedrive Marina in Whangarei auf uns wartete. Großsegel und Genua der Flying Dog hatten wir schon vorher zur Reparatur und Durchsicht zum Segelmacher gebracht. Die Arbeiten waren inzwischen fertig gestellt. Auf dem Hardstand durften die Segel jedoch nicht gesetzt werden. Das Schiff musste dazu im Wasser liegen. Die Inspektion der Rettungsinsel war ebenfalls abgeschlossen. Sie war nur noch von uns in ihre Halterung am Heckkorb einzusetzen. Eine neue verzinkte, 10mm dicke Ankerkette, in Länge von 70m befand sich bereits im Ankerkasten. Sie soll es uns ermöglichen, auf reinen Wassertiefen zwischen 12 und gut 15m zu ankern, ohne eine aufwändige Leinenverlängerung ausbringen zu müssen. Die Beschichtung des Rumpfes mit einem neuen Antifouling hatten wir an einen Maler vergeben. Sie sollte – wie vereinbart – bereits in unserer Abwesenheit ausgeführt werden. Als wir zum Schiff zurück kamen, war die Arbeit leider noch nicht einmal angefangen. Besonders umfangreich war die notwendige Wartung und Reparatur des Volvo-Schiffsdiesels. Einige Froststopfen waren korrodiert und mussten ausgetauscht werden. Die abdichtende Rumpfdurchführung des Saildrives wurde erneuert, was laut Werksvorschrift alle 8 – 10 Jahre vorbeugend erfolgen soll. Eine aufwändige Arbeit. Die Gummiblöcke der Kupplung zwischen Saildrive und Motor waren verschlissen. Die Bowdenzüge und der Motor-Schalthebel im Cockpit einschließlich Gehäuse wurden wegen Korrosion ausgetauscht. Außerdem wurden die normale Maschinenwartung mit Filteraustausch und diverse Kleinarbeiten durchgeführt. Nachdem die Flying Dog wieder ins Wasser gesetzt wurde, konnten die Segel gesetzt und sicherheitshalber das Rigg kontrolliert werden. Zwei Oberwanten und ein Unterwant waren beschädigt und wurden durch einen Rigger erneuert. Das reparierte Großsegel ließ sich nicht mehr einwandfrei in den Mast drehen. Die Arbeit war nachzubessern. Insgesamt kam einiges zusammen. Nach Abschluss aller Arbeiten und Entrichtung der Hafengebühr für 5 Monate fühlten wir uns in jeder Hinsicht sehr erleichtert.
Die Flying Dog war nun wieder in gutem Zustand aber wir waren rund zwei Wochen hinter unserem Zeitplan. Am 15.05. verließen wir Whangarei und liefen zwei Ankerbuchten an, bevor wir die Marina in Opua erreichten. Hier warten wir nun – bisher zwei Wochen – auf günstiges Wetter für die Überfahrt. Wir nehmen nach täglichem Studium der Wetterkarten an, dass wohl mindestens noch eine weitere Woche bis zur Abfahrt vergehen wird.
Sowohl in Whangarei als auch in Opua nutzen wir Wartezeiten für Wanderungen und Besichtigungen. In Whangarei wandern wir zu den dortigen Wasserfällen und besichtigen den Botanischen Garten. Die einstündige Walking-Strecke um den Hatea-River nutzen wir häufig und in einschlägigen Lokalen – z.B. im Brauhaus Frings – kennt man uns. Der Bereich zwischen den Orten Opua, Paihia und Russel ist sehr geschichtsträchtig. Hier wurde zwischen den ersten europäischen Siedlern und den Maori-Stämmen unter Führung Englands 1840 ein Vertrag geschlossen, der heute als Geburtsstunde der Nation Neuseeland gesehen wird. Die Maori unter Führung ihres legendären Seefahrers Kupe kamen schon viel früher aus Polynesien und besiedelten das bis dahin nicht von Menschen bewohnte, Aotearoa (Land der langen weißen Wolke), das heutige Neuseeland ab dem Jahr 925. Aller Grund und Boden war bei den Maori Gemeinschaftseigentum und gehörte in dieser Form den Maori. Folglich kommt der überwiegende Teil aller Ortsbezeichnungen bis heute aus der Sprache der Maori. 1642 wurden die Inseln vom holländischen Seefahrer Abel Tasman für die Europäer entdeckt. Die Maori, die er antraf, verhielten sich ihm gegenüber feindselig und streckten ihm die Zungen heraus, so dass er nach kurzer Zeit die Inseln verließ und weiter segelte. Da er aus der Provinz Seeland stammte, nannte Abel Tasman die Inseln Neuseeland. 1769 traf der Engländer Captain Cook ein und ging bei Russel vor Anker. In seinem Gefolge kamen Siedler und Walfänger aus Europa nach Neuseeland. Sie brachten die gesellschaftliche Verfassung des Privateigentums an Grund und Boden mit. Es kam zu Ausschreitungen zwischen Maori und Siedlern, insbesondere über illegale Landnahmen. Die Englische Krone entsandte James Busby und William Hobson, um ein Abkommen zwischen den Siedlern und den Maori-Stämmen herbeizuführen, dessen Einhaltung die Englische Krone garantieren wollte. Die Anwendung dieses Vertrages (Treaty) von Waitangi wurde schrittweise auf ganz Neuseeland ausgedehnt. Idealisieren sollte man diesen Vertrag nicht. Es gibt eine englische und eine Fassung in der Sprache der Maori unterschiedlichen Inhalts, zudem wurden diese Inhalte zwischen den Vertragsparteien auch noch unterschiedlich interpretiert. Für die Maori kulturell wichtige Gebiete werden vom neuseeländischen Staat als Naturparks geschützt. Sie dürfen nicht besiedelt werden. Andere Flächen können als Privateigentum – auch von den Maori – erworben werden, Vermögen vorausgesetzt. Einige Maori haben den sozialen Aufstieg geschafft, die Mehrheit rangiert im unteren Drittel der Einkommensskala. Dennoch ist festzuhalten, dass die Maori volle Bürgerrechte genießen. Es gab nie eine Apartheit, wie vormals in Südafrika und keine so offene Unterdrückung, wie gegenüber den Aborigines in Australien. Allerdings haben wir während unseres kurzen Aufenthalts in Neuseeland keinen Maori kennen gelernt, der uns seine Ansichten über Politik und das Leben persönlich mitgeteilt hätte. Im Versammlungshaus auf dem Treaty Ground nehmen wir an einer Kulturveranstaltung der Maori teil, setzen uns in die erste Reihe und sind dann froh, dass die geschwungenen Keulen und Speere nicht unsere Köpfe treffen.
Nordinsel New Zealand 01.04. – 08.04.2016
Am Abend des 31.03. läuft die Fähre in Wellington, der Hauptstadt Neuseelands ein. Wellington begrüßt uns mit einer Silhouette aus dichter, städtischer Bebauung und Hochhäusern. Nun haben wir nur noch eine gute Woche bis zur verabredeten Rückgabe des Campervans in Auckland. Unmöglich, in dieser Zeit die komplette Nordinsel zu sehen. Wir müssen uns auf wenige wichtige Punkte beschränken. Ein Aufenthalt in Wellington ist deshalb nicht möglich. Uns interessiert vor allem der diagonal über die Insel verlaufende Vulkangürtel mit seinen Seen, heißen Quellen und seinem brodelnden Schlamm. So steuern wir schnellst möglich die Südspitze des Tongariro Nationalparks an. In seiner Mitte befinden sich ca. 2.500 m hohe Vulkankegel, die den Maori heilig sind. Sie schenkten deshalb vor langer Zeit das Gebiet der neuseeländischen Regierung mit der Auflage, darauf einen Nationalpark zu errichten, der nicht besiedelt werden darf. Wir wollen die dortige „Alpine Crossing“ begehen. Dieser 20 km lange Wanderweg durch das Hochgebirge überwindet – bezogen auf den schon hoch gelegenen Startpunkt – weitere 750 Höhenmeter und führt vorbei an erstarrten Lavaflüssen, einer aktiven Geothermalzone und smaragdgrünen sowie blauen Bergseen. Die geplante Wanderung ist herausragend schön aber auch anspruchsvoll. Umso enttäuschter sind wir, als der Zugang allen Wanderern aufgrund des herrschenden Wetters in den Hochlagen verwehrt wird. Es sind dort aktuell Temperaturen von nur 2 Grad Celsius, Nebel und teilweise Gewitter. Wir beziehen Position in Taurangi, auf der Nordseite des Nationalparks und hoffen auf Besserung. Tags darauf sagt der Wetterbericht für diesen und die folgenden Tage immer noch kein gutes Wetter voraus. Wir müssen abreisen.
Es regnet auch an unserem Standplatz in Taurangi. So besuchen wir zunächst das nahe Trout Center, ein Aquarium mit angegliedertem Park, das u.a. die Geschichte der Forellenzucht aufzeigt. Braune und Regenbogenforellen wurden einst aus Europa nach Neuseeland importiert und dort erfolgreich ausgesetzt. So leisten sie einen Beitrag zur Nahrungsversorgung und ermöglichen bis heute das beliebte Fliegenfischen. Anschließend geht es weiter nach Taupo, gelegen am gleichnamigen Vulkan-See. Eine hübsche Kleinstadt mit Segelclub und netten Cafés, die wir bei inzwischen wieder sonnigem Wetter mehrfach nutzen. Standplatz haben wir am Waikato River gewählt, von wo aus wir eine Wanderung entlang des Flusses zu den imposanten Huka-Wasserfällen unternehmen und danach das Taupo-Museum im Ort besuchen. In ihm wird die Geschichte der Besiedlung am Lake durch die Maori und später durch die Europäer anschaulich dargestellt. Ein solches Museum zeigt auch, dass die Kultur der Maori nicht als minderwertig an den Rand gedrängt sondern als wertvoll erachtet und ausgestellt wird. Ein Signal für das heutige Zusammenleben von Maori und Europäern.
In Waiotapu, unserem nächsten Besuchsort, erwarten uns besondere Erlebnisse. Zunächst halten wir am Zusammenfluss zweier kleiner Flüsse, einer davon heiß einer mit kaltem Wasser. Wir nehmen ein belebendes Bad und können die Temperatur je nach Position innerhalb des Zusammenflusses einstellen. Ein Angebot der Natur ohne jeglichen kommerziellen Betrieb. Dann besuchen wir den Waiotapu-Thermalpark. Das Wasser in diversen Becken wird dort durch vulkanische Aktivität erhitzt und schillert in verschiedenen Farben, je nach Zusammensetzung der enthaltenen Mineralien: Schwefel – gelb, Mangan – violett, Arsen – grün. Ein großer grauer Schlamm-Pool brodelt vor sich hin. Die dampfenden Pools faszinieren uns. Unsere Standplätze finden wir an den romantischen Seen Okaro und Okarika, an denen wir auch kleine Wanderungen unternehmen.
Nach Einkauf in Rotorua geht es weiter nach Tauranga. Wir laufen einen Rastplatz am breiten Sandstrand von Papamoa Beach an. Bei starkem, auflandigen Wind ist hier ein Surfer-Paradies. Wir genießen das Blau von Wasser und Himmel während eines längeren Strandspaziergangs. Noch am gleichen Tag fahren wir weiter ins Bergbaugebiet Karangahake, ca. 15 km westlich von Waihi. Wir durchwandern einen stillgelegten Goldbergbau mit Hängebrücken, in die Felshänge gehauenen Wegen und teilweise unbeleuchteten Stollen. Wir haben eine Taschenlampe dabei, andere nutzen den Schein der Displays ihrer Mobiltelefone. Einen zurück gelassenen Goldklumpen finden wir dennoch nicht. Der Goldbergbau begann hier in großem Maßstab ab 1890. Die Ausbeute ging jedoch zurück, so dass es zu Stilllegungen kam. Heute wird in Karangahake nur noch an einer Stelle nach Gold geschürft und auch dieser Betrieb steht kurz vor der Schließung. Unseren nächsten Standplatz wählen wir in Thames am Firth of Thames. Von dort aus starten wir zu einem Ausflug nach Coromandel. Die Küstenstraße entlang des Hauraki Gulfs ist kurvenreich und eng aber landschaftlich äußerst reizvoll. Von den Hügeln haben wir sehr schöne Ausblicke auf die liebliche Küstenlandschaft.
Der letzte Teil unserer Reise mit dem Campervan führt uns dann von Thames entlang der Birds Coast am Firth of Thames nach Kaiaua, wo wir noch einmal deftig „Fish and Chips“ essen und dann weiter nach Auckland. Dort händigen wir das Fahrzeug ohne Beschädigungen aus und begeben uns zur Abfahrtstelle der Überlandbusse. Am Abend des 08.04. sehen wir dann unsere Flying Dog in Whangarei wieder. Später – beim Sortieren der Fotos – wird uns erst einmal richtig klar, wie viel wir gesehen haben und wie schön es war.
Südinsel New Zealand 11.03. – 31.03.2016
Heute machen wir das, was wir in unserer Jugend gerne gemacht hätten. Wir wollen Neuseeland 4 Wochen lang mit einem Campervan erkunden. Erfahrung mit Campervans haben wir nicht aber wir sind optimistisch. Von Auckland aus buchen wir einen Inlandsflug nach Christchurch auf der Südinsel. Hier wollen wir den via Internet ausgesuchten Campervan übernehmen und später auf der Nordinsel, in Auckland wieder zurückgeben. Der bunte Wagen gefällt uns und wir nehmen ihn. Noch am gleichen Tag fahren wir südostwärts auf die Banks Halbinsel nach Duvauchelle und Akaroa, einem hübsch herausgeputzten Badeort mit entspannter Atmosphäre. Die Straßen dorthin sind gut ausgebaut, wenn auch teilweise kurvenreich und wir genießen die Landschaft. Allerdings herrscht auf der Südinsel ein raueres und kühleres Klima als auf der Nordinsel. Des Nachts gehen die Temperaturen an manchen Tagen auf 6 °C zurück. Unser Campervan besitzt keine Wärmedämmung stattdessen dickes Bettzeug. Auf unser GPS-Handy haben wir kostenfrei die Programme „Camper-Mate“ und „Camping NZ“ heruntergeladen. Sie enthalten auch offline benutzbare Straßenkarten, in die Camping-Grounds und Holiday-Parks eingezeichnet sind. Für uns eine große Hilfe. Noch vor 10 Jahren machte man mit einem Campervan an beliebigen Stellen halt und verbrachte dort – falls gewünscht – einige Tage. Heute gibt es mindestens 8 große Verleihfirmen und die Anzahl der vermieteten Campervans hat sich vervielfacht. Es sollen daher stets zugelassene Standplätze mit entsprechenden Serviceeinrichtungen angefahren werden.
Nach einem abschließenden Milchkaffee in Akaroa fahren wir entlang der Ostküste und übernachten bei den Rakaia Huts am gleichnamigen River. Wir wandern entlang der Flussmündung und bereiten uns anschließend eine Mahlzeit in der Gemeinschaftsküche zu. Hier lernen wir zwei junge Deutsche kennen, die das Land bereisen und sich als Helfer bei der Ernte von Weißkohl und Kürbis einiges Geld verdienen. Keine leichte Arbeit, dennoch sind sie zufrieden. Später und an anderer Stelle werden wir zwei junge Mädchen treffen, die sich als Erntehelfer bei der Beerenernte verdingt hatten. Die Ernte der über Kopf wachsenden Beeren wurde uns als „Sträflingsarbeit“ beschrieben, begleitet von den ständigen Rufen eines Aufsehers: „Mit beiden Händen! – Mit beiden Händen!“. Wir bewundern, wie unternehmungslustig die jungen Leute sind.
Am nächsten Tag verlassen wir die Ostküste und fahren ins bergige Inland zum Lake Tekapo. Wir beziehen einen Standplatz mit Blick auf den See und den Gebirgszug der Südalpen. Hier treffen wir auf ein internationales Publikum, darunter viele Asiaten, die in der Gemeinschaftsküche ihre Wok-Gerichte zubereiten. Die Bergkulisse ist imposant und wir erkennen schon jetzt, auf welch kurzen Distanzen sich die Landschaftsbilder auf der Südinsel abwechseln. Tags darauf geht es bei herrlichem Sonnenschein weiter durch weitläufige Hochebenen entlang des Lake Pukaki zum Mount Cook Nationalpark. Der Mount Cook ist mit 3.750 m der höchste Berg Neuseelands. Wir unternehmen dort eine Wanderung mit beeindruckenden Ausblicken. Weitere Wanderrouten bieten sich an, doch das Wetter schlägt um und es kommt Regen auf. Wir können hier nicht gutes Wetter abwarten und begreifen, dass unsere Reisepläne viel zu kurz bemessen sind. 4 Wochen für Süd- und Nordinsel sind zu wenig, 2 bis 3 Monate im neuseeländischen Hochsommer von Dezember bis Februar wären besser. So müssen wir im Regenwetter des nächsten Tages abfahren und erreichen Wanaka am gleichnamigen Lake. Normalerweise hat der Besucher von hier aus ein herrliches Bergpanorama und kann sich auf den Wiesen am Seeufer entspannen, doch uns bleibt zunächst das Regenwetter treu. Die Berge sind alle nebelverhangen. Wir trinken in einem gut besuchten Internet-Café ein Bier und sind enttäuscht, als es hier kein Internet gibt. Wie immer bleiben wir an keinem Ort länger als eine Nacht und werfen den Motor unseres 13 Jahre alten Fahrzeugs an, um diesmal nur eine kurze Strecke bis zum Lake Dunstan zurückzulegen. Nach dem sich die Nebel verzogen haben, bessert sich das Wetter und es ist uns ein schöner Spaziergang am Seeufer möglich. Wir stehen auf einem der einfachen, kostengünstigen und in der Regel landschaftlich besonders schönen DOC-Campingplätze, die nicht privat eingerichtet sondern aus öffentlichen Mitteln finanziert sind. WC vorhanden, Dusche nicht.
Tags darauf geht es über Gore, dem für uns südlichsten Punkt, nach Lumsden. Auf der Strecke lassen wir das schroffe Bergland erst einmal hinter uns. Die Landschaft wird flacher und öffnet sich für Obstanbau, Landwirtschaft und Viehzucht. Am Straßenrand kaufen wir Äpfel, Birnen und Nashi in großen Tüten direkt vom Erzeuger. In der Viehzucht experimentieren die Neuseeländer mit allem, was Fleisch, Milch oder Wolle abwirft. Wir sehen Schafe, Kühe, Rinder, Hirsche und jetzt auch Alpacca aus Südamerika, seltener Schweine.
Mit Zwischenstopp in Manapouri fahren wir zum berühmten Milford Sound an der Westküste. Wir passieren den einspurigen Homer Tunnel. Anschließend führt uns eine gewundene, schmale Straße die 15 km hinab zum Sound. Eine schwierige Strecke. An den Seiten dieser Straße sehen wir schroffe Felswände, große Farne und Regenwald. Wir müssen durch Wolken hindurch fahren. Es beginnt kalt zu regnen. Schlechte Sicht. Für den nächsten Morgen haben wir eine Schiffs-Rundfahrt auf dem Sound gebucht und steuern deshalb den einzigen Camping-Ground, ca. 2 km vor der Anlegestelle an. Es ist inzwischen 17.00 h und die Dämmerung naht. In der Rezeption teilt man uns mit: „Alles besetzt!“. Wir sollen die ganze Strecke bis hinter den Tunnel zurückfahren und dort einen Standplatz suchen. Außerdem würden die Ranger den kleinen Parkplatz vor der Anlegestelle am Sound kontrollieren und bis 19.00 h ebenfalls jeden Campervan zurückschicken. Kurz danach wird die Ampel oben, am einspurigen Tunnel für die Nacht abgeschaltet und dieser unpassierbar. Damit ist uns klar, wir müssen die Stellung nur noch 2 Stunden halten, dann kann uns keiner mehr zurück schicken. Die Nacht verbringen wir am Ufer des Milford Sounds, in der Nähe der Anlegestelle. Des Nachts schüttet es dort wie aus Kübeln und der Wind rüttelt am Fahrzeug. Wir erinnern uns an die frühere Aussage eines anderen Reisenden, am Milford Sound müsse es etwas regnen, damit sich die Wasserfälle besser entwickeln. Am frühen Morgen umkreist ein Laufvogel mit leicht gekrümmtem Schnabel unseren Wagen. Wir halten ihn für einen Kiwi. Auf dem Schiff erwarten uns im Sound starker Regen und 8 Windstärken. Ein Glückstag! Wir sehen hunderte von Wasserfällen, wovon die kleineren nicht das Wasser des Sounds erreichen, da sie vom Starkwind wieder hoch geblasen werden. Im Windschatten eines Felsens tummelt sich lustig eine Kolonie neuseeländischer Pelzrobben. Nur das umgebende Bergpanorama hat sich in Wolken gehüllt. Der Milford Sound bei Regen und Starkwind ist uns ein einmaliges, eindrucksvolles Erlebnis.
Unsere nächste Etappe ist Queenstown. Dieser Ort ist vollständig touristisch erfasst. Im Gegensatz zum naturbezogenen und abgeschiedenen Umland gibt es hier Restaurants, Bars und Diskotheken. Viele junge Leute halten sich hier gern ein paar Tage auf. Wir wundern uns über die große Beliebtheit des „Ferg-Burgers“, der inzwischen Kultstatus in Queenstown erreicht hat. Um den großen Burger zu ergattern, stehen die Leute 20 m auf die Straße hinaus.
Wir verzichten auf den Genuss des Ferg-Burgers und fahren weiter zur Westküste zwischen Haast und Westport.An der rauen Westküste erheben sich die Berge vom Meeresspiegel in kurzer Distanz bis auf über 3.000 m. Bei den vorherrschenden westlichen Winden führt dies zu häufigem Steigungsregen, einer Voraussetzung für das Entstehen eines undurchdringlichen Regenwalds aber auch von Gletschern auf den Bergrücken. Zunächst wandern wir zum Franz Josef Glacier bis in die Nähe der Gletscherzunge. Aus dem Gletscher entspringt ein reißender Fluss, der Eisklumpen bis ins Tal spült. Am Wegesrand sind Steine mit roten und grünen Moosen bedeckt. Wir beobachten einen regen Flugverkehr von Helikoptern und Kleinflugzeugen, die eilige Touristen zum Gletscher bringen. Wir nehmen uns etwas mehr Zeit und genießen die Wanderung.Eine Rast machen wir später in der Kleinstadt Hokitika. Hier ist das Zentrum der Jadebearbeitung. Der grüne Stein wird entlang der Westküste im Erdreich gefunden. Wir sehen uns schöne, traditionell im Stil der Maori gearbeitete Stücke in den Ausstellungsräumen der Schleifereien an. Der einsetzende Regen drängt uns zur Weiterfahrt. Nächste Etappe sind die Pancake Rocks bei Punakaiki. Die Felsen sehen hier wie aufgeschichtete Pfannkuchen aus. Danach halten wir an der Mündung des Pororari Rivers, wo wir erst einmal unter der geöffneten Heckklappe unseres Campervans den Lunch in der Bordküche zubereiten. So gestärkt wandern wir entlang des Flusses durch den üppigen Regenwald. Am Cape Foulwind und bei Carters Beach sehen wir die dortige Kolonie der neuseeländischen Pelzrobben und laufen anschließend entlang des breiten, mit Treibholz besetzten Sandstrandes. Die raue und regenreiche Westküste mit ihren vielen Möglichkeiten halten wir für ein weiteres Highlight unserer Reise.
Wir fahren nun eine etwas längere Distanz in den Nordwesten der Südinsel. Unsere Ziele sind der Abel Tasman Nationalpark und das Cape Farewell. Der Weg nach Totaranui führt über einen 12 km langen, splitgedeckten Weg, auf dem entgegenkommende Fahrzeuge zu etwas breiteren Stellen zurücksetzen müssen, um das entgegenkommende Fahrzeug langsam passieren zu lassen. Die kurvige Strecke ist an den Berghängen ohne Leitplanken angelegt und besitzt erhebliche Steigungen und Gefälle. Bergab kommt ein Campervan in einem Bremsmanöver auf dem Split schnell ins Rutschen. Einmal wird es knapp, doch glücklicherweise nichts passiert. Von Totaranui aus wandern wir in einer schönen Tagestour, bei gutem Wetter und mit leichtem Gepäck an der Küste und durch den Bergwald zu einer abgelegenen Bucht mit Sandstand. Die Naturparkverwaltung bietet auch bis zu 5-tägige geführte Tracks mit Übernachtungen in – von den Wanderern – mitgeführten Zelten an. Dazu haben wir aber weder Lust, Zeit noch Ausrüstung. Insbesondere bei einsetzender Kälte und heftigem Regen kann solch eine Tour außerordentlich anstrengend werden. Uns begegnet eine solche Wandergruppe mit schwerem Gepäck. Ihr Anblick bestätigt uns.
Am Cape Farewell unternehmen wir bei herrlichem Sonnenschein Wanderungen an den Stränden und durch die einsamen Dünen. Wir entdecken die landschaftliche Schönheit dieses Gebietes und finden Knochen vormals gestrandeter Wale. Wir entspannen uns. Doch bald müssen wir auch hier Abschied nehmen, und fahren über Pelorus Bridge und Havelock zum Fährhafen Picton. Die Strecke führt an den malerischen Fjorden des Marlborough Sounds entlang, wo wir mehrfach Rastplätze anlaufen um von dort aus Spaziergänge zu unternehmen. Die Fähre ist schon per Internet gebucht. Wir verzehren noch eine Portion „Mussels“ sowie „Fish and Chips“ in Picton und fahren mit unserem Campervan in den großen Laderaum der Fähre. Die 4-stündige Überfahrt führt uns nach Wellington auf der Nordinsel. Wir erinnern uns gern an unsere eindrucksvolle Zeit auf der Südinsel Neuseelands.
Ankunft New Zealand 01.11. – 05.12.2015
Tonga 02.09. – 31.10.2015
Samoa 09.08. -01.09.2015
Gesellschaftsinseln 28.06.-08.08.2015
Tuamotus / 16.05.-27.06.2015
Marquesas / 15.04.-16.05.2015
Überfahrt und Ankunft Marquesas / 23.03. – 14.04.2015
Der 23.03. ist Abfahrtstag, da wir von den ecuadorianischen Behörden nur eine Besuchsgenehmigung in Länge von 20 Tagen für die von uns entrichteten Gebühren erhalten haben. Lebensmittel, Diesel und Benzin sind gebunkert. Unsere europäischen Küchengasflaschen werden in San Cristobal nicht gefüllt, wir müssen mit dem auskommen, was wir noch haben. Um 11.00 h erscheint unser Agent Bolivar Pesantes mit unseren Ausreisepapieren. Um 12.00 h Ortszeit heißt es: “Anker auf!”.
Die Entfernung zu den Marquesas beträgt in Luftlinie ca. 3.000 sm, das entspricht ungefähr der Entfernung von Hamburg nach New York. Die tatsächlich zurückzulegende Strecke wird etwas größer sein, da wir uns zunächst weiter südlich halten müssen, um den Bereich der Passatwinde zu erreichen, die uns dann gleichmäßigen Wind mittlerer Stärke für einen Westkurs bringen sollen. Die Galapagos-Inseln liegen am Äquator, wir erhoffen uns erste Passatwinde auf 4 Grad südlicher Breite, die wir in 3 Tagen erreichen wollen. Der Wetterbericht spricht schon seit einer Woche von ausgedehnten Schwachwindgebieten rings um die Gelapagos-Inseln. Wir müssen uns fügen. Der Abfahrtszeitpunkt steht fest. Weitere regelmäßige Wetterberichte empfangen wir über unser Iridium Satelliten-Telefon, das wir mit unserem Laptop verbinden. So können von uns auch auf hoher See Mails in limitierter Größe gesendet und abgerufen werden, darunter auch die kostenlosen Gribfiles des Wettercomputers in den USA .
27.03.: Wir sind nun bereits 550 sm – zu 85% unter Maschine – mit Südwest-Kurs gelaufen. Der Südost-Passat hat sich noch nicht eingestellt, stattdessen Schwachwind bis bleierne See. Mangels Seegang ist die Fahrt zwar bequem, jedoch kommt zunehmend Unruhe auf, denn von 300 Ltr.Diesel sind inzwischen 150 Ltr. verbraucht und wir wissen nicht, was wir auf der weiteren Strecke noch brauchen werden. Immerhin angeln wir eine große Stachelmakrele, die sofort ausgenommen und von Biggi schmackhaft zubereitet wird.
28.03.: Wir haben Sichtkontakt zu einer kanadischen Yacht, die ebenfalls zu den Marquesas möchte und wünschen über UKW-Funk einen guten Abend. Für den Fall von Problemen wollen wir auf Kanal 16 hörbereit bleiben, doch der Kontakt reißt schnell ab. Die Flying Dog ist deutlich schneller unterwegs.
Endlich: auf 6 Grad südlicher Breite stellt sich erst schwacher, dann zunehmender Passatwind aus Südost ein. Wir haben die ausgedehnten Schwachwindgebiete hinter uns gelassen und können direkten Kurs Marquesas fahren. Im Passat segeln wir in herrlichem Sonnenschein. Abends der klare Sternenhimmel über uns. Nur der Mond ist – wie immer – unzuverlässig. Kommt und geht, wann er will. Der Wind ist angenehm warm.
29.03.: Unsere vorletzte Küchengasflasche hätte 3-4 Wochen halten müssen. Bereits nach 11 Tagen ist sie aus nicht zu klärenden Gründen leer. Wir setzen unsere letzte Flasche ein. Wenn diese wenigstens 3 Wochen hält, werden wir voraussichtlich die Marquesas erreichen, ohne dass die Pantry kalt bleiben muss. Im Passat kommen wir mit Etmalen um die 150 sm gut voran. Eine geringe Strömung unterstützt unsere Fahrt.
01.04.: Wir sehen Delphine und einen Langleinen-Fischer. Der Reparatur-Teufel fährt mit: Die Trinkwasserpumpe läuft, fördert jedoch kein Wasser aus unseren wohlgefüllten Schiffstanks. Die Wasserhähne in der Pantry und den WC-Räumen bleiben trocken. Wir haben eine Ersatzpumpe an Bord, entscheiden uns jedoch auf Grund des Seegangs und des unzugänglichen Einbauortes, die Reparatur erst auf dem Ankerplatz am Ankunftsort vorzunehmen. Bis dahin verbrauchen wir das während der Fahrt in ausreichender Menge stets neu gewonnene Trinkwasser aus dem Wassermacher (Seewasser-Entsalzungsanlage), das wir direkt in 5 Ltr.-Flaschen abfüllen.
Die Passatwinde frischen auf und fallen etwas achterlicher ein. Wir bergen das Großsegel und fahren mit zufriedenstellenden Etmalen nur noch unter Genua.
Seit Galapagos haben wir inzwischen 15 Längengrade nach Westen zurückgelegt und stellen deshalb unsere Borduhr um eine Stunde zurück. Bis wir die Marquesas erreichen, wird dies noch 2 weitere Male notwendig sein.
04.04.: Nach 12 Tagen haben wir auf der Luftlinie zu den Marquesas die halbe Distanz zurückgelegt. Dies zeigt uns, dass wir – trotz der geringen Etmale der ersten Tage – für die Gesamtstrecke nicht mehr als 24 Tage brauchen werden, was ein durchschnittlicher Wert vieler Yachten wäre. Wir feiern das Ereignis mit einem Bananen-Cocktail.
05.04.(Ostersonntag): Biggi hat einen Osterstuten gebacken. Hier auf hoher See eine schmackhafte Besonderheit. In Gedanken sind wir bei den Lieben daheim, mit denen wir jetzt nicht einmal skypen können.
09.04.: Die Passatwinde haben uns auch weiterhin Etmale um die 150 sm ermöglicht. Teilweise konnten wir tagsüber unseren 125 qm großen Parasailor setzen. Leider hat sich inzwischen der Mantel des Spinacker-Falls durchgerieben, mit dem das Segel hochgezogen wird. Der Leinenkern hält noch aber der gestauchte Mantel blockiert an den Mastdurchführungen die Bedienung des Falls. Es gelingt uns, auf See ein Ersatzfall in den Mast einzuziehen, um den Parasailor weiter nutzen zu können.
10.04.: Den Parasailor können wir des abends gerade noch bergen, bevor Regen und Böen bis 20 kn (gut 5 Windstärken) einfallen. Es scheint üblich zu werden, dass nachts dunkle Wolken aufziehen, der Wind aufbrist und Segel gerefft werden müssen. Die Flying Dog ist nun mit einer Restdistanz von 550 sm auf die Zielgerade eingebogen. Außer der kanadischen Yacht und dem Langleinenfischer vom Anfang der Reise haben wir keine weiteren Schiffe mehr gesehen. Ständig müssen wir fliegende Fische vom Deck aufsammeln, die nachts dort landen und nicht mehr den Weg zurück ins Wasser finden.
11.04.: Frisch gefangene Goldmakrele in Weißweinsauce.
12.04.: Nach 20 Tagen auf harten Schiffsbänken bleibt eine Restentfernung von 260 sm, die wir in 2 weiteren Tagen zurücklegen wollen. Rückenschmerzen haben wir nicht, es sind eher Druckstellen. Tagsüber feinstes Segelwetter und nochmals Delphine.
14.04.: Der Wind hat auf den letzten 100 sm vor dem Ziel abgenommen, dennoch nähern wir uns unter Parasailor beständig der Insel Fatu Hiva in der Inselgruppe der Marquesas. In prachtvollen Grüntönen wird die Vulkaninsel mit ihrer Steilküste sichtbar. Gegen 12.00 h Bordzeit laufen wir nach genau 22 Tagen in die atemberaubend schöne Baie Hanavave auf der Nordwest-Seite der Insel ein und gehen dort vor Anker. Später errechnen wir die tatsächlich zurückgelegte Distanz mit 3.106 sm und die Durchschnittsgeschwindigkeit mit 5,9 kn. Die Südsee ist erreicht. Wir sind froh, die voraussichtlich längste Einzelstrecke unserer Weltumseglung im Kielwasser gelassen zu haben. Irgendwie können wir es noch gar nicht fassen.
Galapagos / 20.02.- 23.03.2015
Am 20.02. verlassen wir unseren Ankerplatz an der Westseite der Insel Espiritu Santo, um uns auf den 1.000 sm langen Weg zu den Galapagos-Inseln zu machen. Die Flying Dog läuft zunächst unter Maschine zum Südkap der Isla del Rey. Wir sehen eine kleinere Delphinart, die in der Luft Pirouetten dreht und Rochen mit Spannweiten bis zu 1,8 m, die hoch aus dem Wasser springen und dann klatschend wieder aufschlagen. Am Südkap erwartet uns dann guter Segelwind von etwas über 4 Windstärken. Unter vollem Groß und Genua können wir direkten Kurs zu den Galapagos-Inseln steuern. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 7,5 Knoten kommen wir sehr zügig voran. Bevor wir die große Bucht von Panama hinter uns lassen, kreuzen wir noch die Wege der Großschifffahrt. Dies erfordert auch Nachts unsere volle Aufmerksamkeit. Dann nimmt der Schiffsverkehr ab und schließlich haben wir den Pazifik für uns. Nach 2 Tagen laufen wir in ein ausgedehntes Flautengebiet ein. Bleierne See. Wir müssen einen vollen Tag unter Maschine fahren. Dann kommt mäßiger Wind auf und die Flying Dog setzt ihre Fahrt unter Groß und Genua fort. Am 24.02. stoßen wir mit 2 Gläsern Rumpunsch auf Biggis Geburtstag an. In den kommenden 2 Nächten begleiten die Flying Dog erst ein großer schwarzer Vogel und dann 3 große weiße Vögel, so als wollten sie uns den Weg nach Galapagos weisen. Wir sehen dies als positives Zeichen. In der Nacht vom 25. auf den 26.02. überschreiten wir erstmalig auf unserer Weltreise den Äquator. Neptun erhält eine Opfergabe in Form eines Glases Rum, auf dass er uns immer eine mäßige Brise aus der richtigen Richtung sende. Am Mittag des 26.02. kommt dann Land in Sicht. Es sind die Inseln Santa Cruz und Santa Fé. Kurze Zeit später entdecken wir die ersten Seelöwen, die sich im Wasser treiben lassen. Am Abend haben wir Puerto Ayora auf Santa Cruz querab. Wir planen, bei Tageslicht anzukommen und gehen mit verminderter Fahrt ein letztes Mal durch die Nacht, um unser noch 40 sm entferntes Ziel, die Insel Isabela, Puerto Villamil anzusteuern, das wir am 27.02. mit Sonnenaufgang erreichen. Um 08.00 h fällt der Anker in der durch vorgelagerte Riffe geschützten Ankerbucht des Ortes. Am Kartenplotter lesen wir ab, dass wir 956 sm im Kielwasser gelassen haben. Die Bedingungen waren günstig und wir kommen verhältnismäßig ausgeruht an. Dennoch sind wir froh, dass auf der langen Strecke alles so gut geklappt hat und wir bereits nach 6 Tagen und 22 Stunden am Ziel sind, wie wir zunächst meinen.
Die gelbe Flagge “Q” ist gesetzt. Dies bedeutet auf Behördendeutsch: “An Bord ist alles gesund, wir bitten um freie Verkehrserlaubnis”, mit anderen Worten, wir wollen einklarieren. Die Galapagos-Inseln gehören zum Staat Ecuador. Unser Agent erscheint nicht und auch sonst tut sich nichts. Am Nachmittag kommt es dann zu einem folgenreichen kulturellen Missverständnis: wir ergreifen die Initiative (!) und gehen mit unseren Papieren ins Büro des Hafenmeisters, um pflichtgemäß unsere Ankunft zu melden. Im Büro laufen daraufhin aufgeregt die uniformierten Beamten zusammen. Der Hafenmeister versteht unser Erscheinen als erhebliche Kritik an seiner Arbeitsweise. Er nimmt das in Panama ausgestellte “Zarpe” mit der Eintragung “von Panama bis Galapagos” zum Anlass, uns seines Hafens zu verweisen. Es hätte dort aus seiner Sicht stehen müssen “von Panama zu den Marquesas (franz. Polynesien)”, um bereits im Zarpe klar zu stellen, dass wir nicht bis zum Ende unserer Tage auf Isabela bleiben möchten. Am nächsten Tag müssen wir 82 sm zur Galapagos-Insel San Cristóbal zurücksegeln. Am 01.03., morgens um 03.30 h fällt der Anker in der Bahía Naufragio (Wreck Bay), Puerto Baquerizo Moreno, San Cristóbal. Dort können wir nach Wartezeit von 1 1/2 Tagen einklarieren, das panamaische “Zarpe” spielt hier keine Rolle. Eine 8-köpfige Kommission untersucht die Flying Dog und prüft alle anderen Papiere. Ein Taucher begutachtet das Unterwasserschiff und eine Beamtin versucht Staub im Schiff aufzusaugen, um ihn in einem Analysegerät zu überprüfen. Wir sind auf all dieses vorbereitet und die Beamtin findet zu wenig Staub für eine Analyse. Jochens alte Arbeitshose fällt ihr nicht in die Hände und allen Küchenmüll hatte unser Agent bereits vorsorglich von Bord genommen. Einschließlich Agentenhonorar zahlen wir 965 USD und erhalten am Nachmittag des 02.03. die Erlaubnis, 20 Tage auf San Cristóbal zu bleiben. Andere Ankerbuchten oder andere Inseln dürfen wir für diesen Betrag nicht anlaufen, was der üblichen Praxis entspricht. Die Anspannung fällt von uns ab.
Mehrere deutsche Yachten, die wir in Panama trafen, entschieden sich, die Galapagos-Inseln wegen zu vieler Restriktionen und zu hoher Kosten nicht anzulaufen. Dies bedeutet jedoch, den Weg nach französisch Polynesien in Gesamtlänge von 4.000 sm in einem Zuge zurücklegen zu müssen oder eine Route – weit im Süden – über die Insel Pitcairn zu wählen. Wir wollen die Distanz bis zur Südsee teilen und von den Galapagos-Inseln bis zu den Marquesas nur noch eine Reststrecke von 3.000 sm vor dem Bug haben. Auf den Galapagos-Inseln können wir uns auch mit frischen Nahrungsmitteln eindecken und Treibstoffe bunkern. Zudem sind die Galapagos-Inseln etwas Einmaliges und wir glauben nicht, dass wir später noch einmal hier her kommen werden.
Puerto Baquerizo Moreno auf San Cristóbal ist der Hauptverwaltungssitz der Galapagos-Inseln. Hier laufen die großen Versorgungsschiffe ein und es gibt einen Flughafen für etwas größere Flugzeuge. In dem 8.000-Einwohner-Ort sind keine großen Hotels aber eine Vielzahl Hostels und Pensionen, diverse Restaurants und kleine Geschäfte sowie eine sehr schön angelegte Promenade. Sicher der beste Ort, um sich zu verproviantieren. In der Bucht vor dem Ort ankern alle Yachten und kleine Kreuzfahrtschiffe mit Kapazitäten von in der Regel 25 – 70 Gästen, die auf mehrtägigen Fahrten die unbewohnten Inseln des Archipels anlaufen und mit Führung die Tierwelt präsentieren. Für den Transport an Land verkehren Wassertaxis. Das eigne Beiboot benutzt niemand. Es gibt keinen guten Dinghi-Steg und die Seelöwen würden sich bis zum Kentern in die Boote legen. Sie belagern Treppen, Wege, Strände, Parkbänke und vor allem Boote. Manchmal legen sie sich unter parkende Autos, schlafen und machen auch keinen Platz, wenn viele Menschen um sie herumlaufen. Auf der Heckplattform der Flying Dog liegen sie besonders gern. “Was bist du denn für einer; du wirst doch hier nicht liegen bleiben” betrachten sie als Einladung. Der Kopf geht nach unten, die Augen schließen sich. Sie erkennen die innere Schwäche des Menschen. Nur wenn man ihnen mit entschiedenem Ton und Körpersprache zeigt, dass man es ernst meint, räumen sie widerwillig, teilweise unter kräftigem Brüllen den begehrten Platz. Allerdings spitzen sie die Situation nicht soweit zu, dass ihnen der Skipper den Bootshaken überzieht. Dazu sind sie zu schlau.
Wir fahren mit einem Geländefahrzeug ins Hochland zum Kratersee El Junco. Der See füllt sich zur Regenzeit mit Wasser und versorgt die Insel ganzjährig mit Trinkwasser. Fregattvögel kommen hier her, um zu trinken und ihr Gefieder von Salz zu reinigen. Im Hochland ist die Luft etwas kühler und feuchter. San Cristóbal gliedert sich in 3 Vegetationszonen: auf Meereshöhe siedeln Mangroven oder salzvertragende Sukkulenten; darüber bis 400 m erstreckt sich eine halbwüstenartige Trockenzone mit Dornenbüschen und Kakteen; zwischen 400 und 550 m kann Landwirtschaft betrieben werden oder es wachsen endemische Miconien (Blattstrauchgewächse). Der Boden ist fruchtbar aber es fehlt an Wasser. Da die Insel in großen Teilen flach ist, dominiert die Trockenzone. Erste europäische Siedler hatten Mühe, hier ihr Leben zu fristen. Die Galapagos-Inseln sind kein Tropenparadies.
Wir besuchen die Aufzuchtstation für Landschildkröten, La Galapaguera, nahe Puerto Chino. Die Eier wild lebender Landschildkröten werden eingesammelt, die Fundstelle notiert und die jungen Schildkröten in der Station aufgezogen. Nach frühestens 5 Jahren werden die Tiere dann wieder im Bereich der ehemaligen Fundstelle ihrer Eier ausgesetzt. Damit soll verhindert werden, dass importierte Tierarten, beispielsweise Ratten, die Schildkrötenbestände dezimieren. Wir sehen Landschildkröten im Alter bis zu 40 Jahren, die genüsslich ihr tägliches Grünfutter mampfen. Ein beeindruckendes Erlebnis. Die Galapagos-Landschildkröten können 150 Jahre alt und 350 kg schwer werden.
Uns wird klar, warum die einkommenden Yachten so genau untersucht werden, es sollen keine neuen Tier- und Pflanzenarten importiert werden, die das natürliche Gleichgewicht auf den Galapagos-Inseln stören könnten. Aber wer untersucht die weit größeren Versorgungs- und Kreuzfahrtschiffe? Einiges bleibt hier Wunsch und Theorie.
An der Südwest-Seite San Cristóbals unternehmen wir eine Strandwanderung und beobachten die Meerechsen. Sie schwimmen und tauchen im Meer, um Algen zu fressen, die auf den Steinen der Felsküste wachsen. Sie kommen immer wieder ans Ufer, um sich – gut getarnt – auf sonnenbeschienenen Steinen zu wärmen.
Im Centro de Interpretación wird auf Schautafeln die Entwicklungsgeschichte der Galapagos-Inseln sehenswert dargestellt. Wesentlicher Bestandteil ist der Hinweis auf den Naturkundler Darwin, der 1835 mit dem Segelschiff Beagle die isoliert im Pazifik liegenden Inseln besuchte und auf Grundlage von Naturbeobachtungen die Evolutionstheorie der Tier- und Pflanzenarten aufstellte. Er stellte beispielhaft fest, dass es ursprünglich eine Finkenart schaffte, den weiten Weg von Südamerika zu den Galapagos-Inseln zurückzulegen. Auf den verschiedenen Inseln bestanden jedoch unterschiedliche Nahrungsgrundlagen, die u.a. zu unterschiedlichen Schnabelformen bei den Finken führten. Beispielsweise gekrümmte Schnäbel für das Knacken von Nüssen und Samen, gerade Schnäbel für das Erbeuten von Insekten. Verschiedene Inseln hatten deshalb jeweils ihre eigne Finkenart. Diese Arten sind – laut Darwin – durch zufällige Variationen im Generationenwechsel, begleitet von anschließender natürlicher Auslese entstanden. Der besser Angepasste hatte die besseren Überlebens- und Fortpflanzungschancen. Darwin schließt daraus auf die Entwicklung aller Tier- und Pflanzenarten und auch des Menschen.
Mit einem Schnellboot lassen wir uns einmal um San Cristóbal fahren. Das Boot hat 2 Mann Besatzung und ein junges Paar aus Australien fährt ebenfalls mit. Auf der Südost-Seite der Insel brandet das Meer an die Steilküste. Auf den Felsen sitzen Rotfußtölpel, Fregattvögel mit aufgeblähten, roten Kehlsäcken, Pelikane, Seeschwalben und Möwen. Wir laufen in die Bucht Banco Rosso ein, einem kleinen Paradies, an dem sich – außer uns – kein Mensch aufhält. Im Wasser sehen wir die Schatten einer Gruppe von ca. 20 Haifischen sowie deren gelegentlich über die Wasseroberfläche ragenden Rückenflossen. Die Tiere mögen durchschnittlich ca. 2 m lang sein und ziehen sich zurück, als wir zum Schnorcheln ins Wasser springen. Beim ausgiebigen Schnorcheln entdecken wir große Wasserschildkröten von ca. 1,40 m Länge und diverse Fischarten der Felsenküste. Vor dem Nordostkap der Insel werfen wir die Hochseeangeln aus und tatsächlich fangen wir einen ca. 18 kg schweren Snapper. Nachdem wir auf der Nordseite der Insel nahe an einige hohe, sehr beeindruckende Felsformationen der Steilküste sowie an die Insel León Dormido (Kickers Rock) herangefahren sind, kehren wir wieder nach Baquerizo Moreno zurück. Wir lassen den Snapper in einem Hotelrestaurant in Teilen als Sushi, gegrillt und gekocht mit schmackhaften Saucen zubereiten und treffen uns mit Eddy und Reachel, den jungen Australiern zum Dinner. Nach interessanten Gesprächen fährt uns ein Wassertaxi zurück und wir spüren erstmalig, wie müde wir nach diesem Tag sind.
Schon lange nichts mehr repariert! Wir lernen die deutschen Weltumsegler Frank und Christine kennen, die mit ihrer Shangri-La ebenfalls in der Bahía Naufragio vor Anker liegen. Ihr Schiff ist eine gut 30 Jahre alte Cheo Lee aus Hongkong, mit umfangreichen Holzaufbauten und zwei Holzmasten. Sitzt man bei ihnen im Cockpit, empfindet man alte Seefahrer-Romantik. Uns würde das Schiff allerdings handwerklich überfordern. Frank hilft uns mit unserem Außenborder weiter, der seit einiger Zeit nicht mehr zuverlässig läuft. Neuer Benzinfilter, Vergaserreinigung, Zündkerzenwechsel und die Entsorgung des kolumbianischen Benzins beseitigen den Defekt. Keine einfache Sache und alle sind erleichtert als die Arbeit schließlich erfolgreich abgeschlossen ist. Frank und Christine haben sich schon vor uns auf den Weg zu den Marquesas gemacht. Wir sind sicher, dass wir sie dort wieder treffen werden.
Inzwischen haben wir Benzin, Diesel und Nahrungsmittel gebunkert. Unsere auf 20 Tage bemessene Zeit auf San Cristóbal neigt sich dem Ende zu. Am 23.03. wollen auch wir uns auf den 3.000 sm langen Weg nach Französisch Polynesien machen. Wir schätzen eine Fahrzeit von 24 Tagen und hoffen auf beständig mäßige Winde. Schließlich heißt der Pazifik auch Stiller Ozean.
Panama Kanal und Las Perlas / 30.11.2014 – 20.02.2015
Panama – Karibik / 01.07. – 16.08.2014
Kolumbien / 22.05. – 30.06.2014
Dominikanische Republik / 24.04 – 21.05.2014
British Virgin Islands / 06.04. – 23.04.2014
St. Barth bis St. Martin / 17.03. – 05.04.2014
Guadeloupe – Barbuda / 15.02. – 16.03.2014
Martinique – Les Saintes / 26.01. – 14.02.2014
St. Vincent bis St. Lucia / 11.01. – 25.01.2014
Rückkehr nach Trinindad, Grenada und Union Island / 16.09.2013 – 10.01.2014
Trinidad und Tobago / 25.05. – 17.06.2013
Carriacou und Grenada / 28.04. – 24.05.2013
St. Vincent und die Grenadinen / 14.04. – 27.04.2013
Guadeloupe, Antigua und Südkurs bis St. Lucia / 29.02.-13.04.2013
Dominica / 19.02. – 27.02.2013
Martinique / 01.02. – 18.02.2013
St. Lucia / 13.01.-31.01.2013
Barbados / 30.12.2012 – 12.01.2013
Gran Canaria bis Barbados / 07.12. – 29.12.2012
Gran Canaria / 27.11.-07.12.2012
Vom 11.11-26.11.12 waren wir auf Besuch in Deutschland. Familie und Freunde treffen, Arztbesuch, bürokratische Erfordernisse -soweit möglich- erfüllen. Ein sehr gedrängtes Programm. Besonders reizvoll: die Architektenkammer gibt an, dass die Lebensarbeitszeit eines Architekten immer bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres geht, auch dann, wenn er nicht mehr berufstätig ist, schon Rente bezieht und sich auf einer Weltumseglung befindet. Daraus folgt, dass er bis dahin noch jährlich an einem ganztägigen Seminar zur Fortbildung als Architekt teilnehmen muss, um seinen berufsrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Andernfalls werden ernsthaft Bußgeld und Klage angedroht. Ausnahmsweise konnte hier eine Fristverlängerung bis zum nächsten Deutschlandbesuch erwirkt werden. Wir denken an die bürokratischen Erfordernisse in Nordafrika zurück, die immerhin noch überwindbar waren, wenn man sein Bestes gegeben hatte.
Die Flying Dog erwartete uns unversehrt am 27.11. in Pasito Blanco, auf der Südseite Gran Canarias. Allerdings erwartete uns auch anhaltender Starkwind aus nördlicher bis nordöstlicher Richtung mit entsprechendem Seegang aus Nord. Der Wind heulte in der Takelage. Unseren Plan, zur nördlich gelegenen Inselhauptstadt, Las Palmas zu segeln, um dort eine Motorwartung vornehmen zu lassen und bestimmte Ausrüstungsteile zu besorgen, gaben wir auf Grund der Wetterlage auf. Stattdessen fuhren wir mit dem Mietwagen zu Stadtbesichtigung und Einkauf nach Las Palmas und besichtigten auch Puerto Rico, einen Ort auf der Südseite. Meloneras, Maspalomas und Playa des Inglés konnten wir zu Fuß erreichen. Für die Motorwartung kam der Volvo-Service nach Pasito Blanco.
Gran Canaria hat mit seinem bergigen Inland, seinen Buchten und seinen Sandstränden viele Naturschönheiten aufzuweisen. Das Klima ist mit winterlichen Höchsttemperaturen von 25 Grad im Schatten angenehm und erholsam. Sehenswert insbesondere die hohen Dünen von Maspalomas. Die Anlagen sind in gutem Zustand, privates Wachpersonal sorgt allerorts für Sicherheit. Die Insel ist jedoch komplett touristisch erfasst, teilweise überlaufen. Besonders die Orte auf der Südseite bestehen fast komplett aus Hotels, Appartements, Restaurants und den zugehörigen Einkaufszentren mit starker Ausrichtung auf Touristenbedarf. Als verwöhnte Weltreisende suchen wir eigentlich etwas anderes. Vielleicht standen hier früher einige Fischerhäuser, die später komplett abgebrochen wurden, um touristischen Anlagen Raum zu geben. Pasito Blanco mit seinem Sportboothafen ist dagegen sehr ruhig. Ein Rückzugsbereich für Begüterte, die die „splendid Isolation“ suchen. Bis auf das Restaurant im Yachtclub und einen Laden für den täglichen Bedarf gibt es hier nun allerdings nichts. Angrenzend das große Golfgelände. Die Flying Dog liegt hier jedoch sehr sicher.
Bei der Motorwartung gab es Probleme. Wohl wegen der schlechten Qualität des Dieselkraftstoffs in Nordafrika hatten sich Bakterien im Tank angesiedelt, die sich vom Dieselkraftstoff ernähren. Die Bakterien produzieren einen Schlamm, der sich auf dem Tankboden absetzt, jedoch bei Seegang aufgewirbelt werden kann. Er verstopft dann die Treibstoffzufuhr und die Maschine bleibt stehen, wenn man sie vielleicht am nötigsten braucht. Der Tankinhalt musste entsorgt und der Tank gereinigt werden.
Das Wetter hat sich nun geändert. Für die nächsten 7 Tage sagt der Wetterbericht moderate Windstärken und passende Windrichtungen voraus, die uns schnell und sicher in die Karibik bringen werden. Wir beabsichtigen, am 07.12. zu starten. Unser Ziel ist Barbados. Weihnachten werden wir wohl noch auf See sein aber Neujahr hoffen wir in jedem Fall auf Barbados zu verbringen. Unseren nächsten Bericht werden wir aus der Karibik senden, da wir während der Überfahrt keine Internet-Verbindung aufbauen können.
Insgesamt schon ein spannendes Gefühl. Die Möglichkeit umzudrehen und die Passage abzubrechen besteht wegen der vorherrschenden Windrichtung nicht. Ein Schutzhafen kann auch nicht mehr angelaufen werden. Die Wettervorhersage reicht nicht über 3 Wochen. Die Hurrican-Saison ist jedoch vorüber und wir vertrauen auf konstante Passatwinde und unser braves Schiff. Was wird uns erwarten?
Von Lanzarote nach Gran Canaria / 06.11. – 11.11.2012
06.11.2012
Unseren Abschied von Arrecife begingen wir zusammen mit Stefan, den wir am Ankerplatz kennen gelernt hatten. Er hatte allein mit einem 27-Fuß Schiff das Mittelmeer befahren und schließlich den Weg bis zu den Kanarischen Inseln zurückgelegt. Insgesamt war er über 2 Jahre unterwegs und will nun sein Schiff verkaufen, um sich nach vielen Erlebnissen wieder in Deutschland sesshaft zu machen. Die Langfahrt auf einem 27-Fuß Schiff ist eine große aber auch kräftezehrende Leistung. Bei einer Paella Marisca und diversen Tapas tauschen wir unsere Erfahrungen aus.
Wir fahren weiter zur Marina Rubicon, an der Südspitze von Lanzarote. Für die Flying Dog nur ein Katzensprung. Nach der Zeit am Ankerplatz genießen wir den Luxus der Marina mit Swimming Pool, schicken Cafés und Restaurants. In der Marina befinden sich auch eine Reihe von Yachten, die am 25.11. an der ARC – Regatta teilnehmen wollen. Die Regatta führt von Las Palmas auf Gran Canaria nach St. Lucia in der Karibik. Es nehmen in jedem Jahr ca. 250 Yachten teil, die schon jetzt den Hafen von Las Palmas und weitere Häfen und Ankerplätze in der Umgebung füllen. Hier sind allenfalls noch vorbestellte Liegeplätze erhältlich. Wir entscheiden uns, unseren ohnehin geplanten kurzen Deutschlandaufenthalt vorzuziehen und die Zeit bis zur Abfahrt der ARC-Flotte in Deutschland zu verbringen. Kurzerhand buchen wir über Internet zwei Flüge und reservieren ab dem 11.11. für gut 2 Wochen einen Liegeplatz für die Flying Dog in der Marina Pasito Blanco auf der Südseite Gran Canarias.
Von Agadir nach Lanzarote / 25.10.-05.11.2012
Von Rabat nach Agadir / 16.10.-24.10.2012
Von Melilla nach Rabat / 05.10. – 15.10.2012
Von Tunesien nach Melilla / 21.09.-04.10.2012
30.09.2012
Der Wind ist nun wieder abgeflaut. Die Flying Dog verlässt Beni-Saf. Nach erneut längerer Fahrt unter Maschine erreichen wir Melilla am 01.10.2012, morgens. Die lange Strecke entlang der afrikanischen Küste haben wir doch als “hartes Brot” mit teilweise schnell wechselnden Windbedingungen empfunden, die auch nicht genau vorher gesagt werden können. Das gewünschte Mittelmaß der Segelbedingungen haben wir selten gefunden. Es empfiehlt sich, Visa für Algerien dabei zu haben. Die Bürokratie ist restriktiv aber das Land ist sehenswert.
Häfen in Tunesien / 04.09. – 20.09.2012
Am 04.09.2012, nachmittags liefen wir in den Hafen von Monastir ein. Sofort nach dem Einlaufen kamen die Vertreter von Polizei und Zoll zum Schiff, um das Einklarieren durchzuführen. Die dazu notwendigen Formulare waren dann in den Büros der Grenzpolizei und des Zolls im Hafen auszufüllen. Auf die herrschenden Sitten mussten wir uns einstellen. Der Zollbeamte kam nicht an Bord, um zollpflichtige Waren zu finden sondern um festzustellen, ob bestimmte Produkte doppelt vorhanden waren. Von zwei Paketen Kaffee erhielt er eines. Damit gab sich anschließend der Polizeibeamte nicht zufrieden. Tunesische Dinar hatten wir nicht an Bord. Er nahm auch Euro. Der Vorgang des Einklarierens kann sehr einfach sein, sich aber auch über viele Stunden hinziehen. Nachdem wir nun 7 Tage und 4 Stunden auf See waren und zusätzlich dann noch ein weiterer Polizeibeamter, geringeren Dienstgrades alte Signalraketen für eine Hochzeit und ein Bettler am Schiff 2 Dinar für Couscous haben wollten, waren wir deutlich genervt. Das zu vertretbaren Preisen in einem Hafenrestaurant servierte Abendessen standen wir wegen Müdigkeit kaum noch durch.
In Monastir blieben wir 4 Tage. Wir lernten die Schönheiten und die Annehmlichkeiten des Hafens und der Stadt kennen und nutzten sie. Diverse Restaurants und Internet-Cafés im Hafen. Unsere Gasflaschen, von denen wir 3 Stück an Bord haben, wurden gefüllt, Frischwasser und Strom am Liegeplatz, Fett und Motoröl im Yachtservice, ein kleiner Supermarkt und vor allem, wir hatten unsere Ruhe. Bezahlt wird nur am Anfang.
Die Stadt steht im Schatten des Ribat, einer Festung mit hohen und dicken Mauern, in die sich die Einwohner im 8. Jahrhundert n. Chr. gegen Angriffe der Christen zurückziehen konnten. In Friedenszeiten diente der Ort dem Studium des Korans und der Vorbereitung auf den nächsten heiligen Krieg. In der Stadt viele kleine Geschäfte, teilweise als Basar überdacht, Menschengewimmel. Beeindruckend der überdachte Fisch- und Gemüsemarkt, in dem die Händler lautstark ihre Waren anpreisen. Prächtig das Mausoleum der Familie Bourguiba, des ersten Staatspräsidenten Tunesiens nach der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahre 1960.
Am 08.09.2012 lief die Flying Dog aus Monastir aus und erreichte bei moderaten Winden aus Südost noch am Abend des gleichen Tages den kleinen Fischerhafen Beni Khiar. Der versandete Hafen besitzt nur geringe Wassertiefen zwischen 2,8 und 2,0 m, so dass die Flying Dog dort nur eingeschränkt manövrieren konnte. Schließlich gingen wir bei einem für Touristen nachgebauten Piratenschiff längsseits. Biggi bereitete ein schmackhaftes Abendessen mit Bratkartoffeln und Fleisch zu, dessen Geruch sich im Hafen ausbreitete. Beim Abräumen des Geschirrs ein Schock. Eine Ratte hatte sich durch das Seitenfenster oberhalb der Pantry fallen lassen und saß nun in der Bratpfanne bei den Speiseresten. Danach hatten wir eine Ratte auf dem Schiff und Beni Khiar eine Ratte weniger.
Am 09.09.2012 verließen wir morgens zu dritt Beni Khiar, das ansonsten wenig Sehenswertes zu bieten hatte und liefen am Vormittag des 10.09.2012 in Sidi Bou Said, nahe Tunis ein. Beim Frühstück lockten wir mit Fleischbrocken eine Katze an Bord. Bei näherem Hinsehen erkannten wir jedoch, dass dieser Katze ein Vorderbein fehlte. Wir erwarteten nicht mehr, dass diese Katze die Ratte fangen würde. Eine Ratte an Bord ist nicht nur unhygienisch, es besteht auch die Gefahr, dass Kabel und andere Leitungen angenagt werden. Dies kann zum Ausfall wichtiger Geräte führen, die beispielsweise der Navigation dienen. Der Hafenmeister von Sidi Bou Said vermittelte einen Spezialisten, der diverse Fallen aufstellte sogar eine große Käfigfalle – vergeblich! Oft wurden die Fallen sogar leergefressen. Rattengift wurde weggeschleppt aber nicht gefressen. Die Ratte ist uns stets einen Schritt voraus.
Die kleine Altstadt von Sidi Bou Said ist nur durch einen schweißtreibenden Aufstieg auf den angrenzenden Berg zu erreichen. In dem Örtchen sind alle Türen und Fensterläden – so wie in Griechenland -blau gestrichen. Die Häuser weiß gekälkt. Die Altstadt von Sidi Bou Said stellt sich als Künstlerdorf dar. Überall wird Kunsthandwerk an Touristen verkauft. Abends essen wir in einem traditionellen Restaurant eine Fleischplatte vom Holzkohlengrill nach Art der Beduinen. Schmackhaft aber kaum zu schaffen.
Von Sidi Bou Said aus besichtigen wir die Ruinen des nahe gelegenen Karthago, einer antiken Weltstadt, die von den Römern vernichtet wurde. Imposant allein die Größe der damaligen Anlage und das kulturelle Niveau. Im antiken Karthago lebten bis zu 400.000 Menschen. Außerdem besuchen wir von Sidi Bou Said aus die Hauptstadt Tunis mit ihrer prächtigen, neuen Hauptstraße, die als Allee gebaut ist und uns in ihrer Ausstrahlung an Barcelona erinnert. Überwältigend die Medina, in der sich Menschenmassen durch die kleinen, weitgehend überdachten, teilweise dunklen Gassen zwängen, in denen sich die Geschäfte aneinander reihen. Wir fanden nichts, das wir hätten kaufen wollen. Wir setzen uns dort in ein Café aber warum sollten wir einen Burnus kaufen?
Am 15.09.2012 verlässt die Flying Dog den Hafen von Sidi Bou Said leider immer noch mit dreiköpfiger Crew und trifft am 18.09. in Tabarca ein. Dies ist der letzte tunesische Hafen vor der Abfahrt zum westlichen Ausgang des Mittelmeeres. Die verspätete Ankunft in Tabarca ist dem anfangs herrschenden Nordwestwind in Stärke 5 – 6 geschuldet. Nachdem wir während eines ganzen Tages nur 22 sm aufkreuzen konnten, gingen wir hinter dem Cap Farina gegen Nordwest geschützt vor Anker und verbrachten dort zwei Nächte, bevor die Windbedingungen sich verbesserten und Tabarca problemlos angesteuert werden konnte.
In Tabarca, einem geschäftigen Ort mit angrenzenden breiten Sandstränden, konnte unser Proviant ergänzt, die Wassertanks aufgefüllt und eine kleinere Reparatur an der Fernbedienung der Ankerwinsch durchgeführt werden. Lohnend auch ein Besuch im Café Anderlus.
Ein weiterer Spezialist kam zur Rattenbekämpfung an Bord, brachte große Rattenfallen, neues Gift, Käse und Fisch mit. Am nächsten Morgen hatte die Ratte ein vergiftetes Stück Fisch zu sich genommen. Nach Meinung des Spezialisten kann die Ratte jetzt nur noch tot sein. Sie zu finden wäre nicht schwer: immer dem Geruch nach. Welchen Schaden die Ratte insgesamt angerichtet hat, wird sich erst im Laufe der Zeit herausstellen, mindestens wurden in zwei Reisetaschen und eine Unterhose große Löcher genagt. Dazu jede Menge Arbeit, Überlegungen und blank liegende Nerven.
Am 20.09.2012 wird die Flying Dog aus Tabarca mit Westkurs auslaufen. Die nächste Station wird die spanische Enclave Melilla, die wir in ca. 6 Fahrttagen erreichen wollen.
Überfahrt von Kroatien nach Tunesien / 28.08. – 04.09.2012
Wir haben es geschafft! Wir sind in 7 Tagen und 4 Stunden nonstop von Kroatien nach Monastir in Tunesien gesegelt. Der Wind hat es mit uns nicht immer gut gemeint. In Cavtat, unserem Ausgangshafen, hatten wir zunächst 5 Tage Flaute, am 6. Tag Sturm. Danach setzte ein moderater Wind von 3 Windstärken aus der richtigen Richtung ein. Nach einigem Aufwand des Ausklariens ging es endlich los. In den ersten 2 Tagen entsprach der Wind der Vorhersage und brachte uns schnell zum Kap von Otranto, am südlichen Stiefelabsatz Italiens. Danach wechselten in kurzen Abständen unterschiedliche Windrichtungen, -Stärken, Flauten, nächtliche Gewitter und Starkwind, gegen den wir aufkreuzen mussten. Dies zwang uns, eine Nacht lang den Schutzhafen Pozzola an der Südküste Siziliens aufzusuchen. Jetzt genießen wir die Ruhe und erkunden Monastir.